2.9.22

Schläfrige Schweine

In den ersten Ausgaben der SPEX von 1980/81 erschienen 4 fiktive Plattenbesprechungen, die mich auf die Idee brachten, man könne doch versuchen nach diesen Beschreibungen tatsächlich diese Musik zu realisieren...

MUSIK-KRILA: SCHIUTAK
(vuknor records)
Arhurs etater sundar uknadersi iknibendi nen vukner. Iskandensi sen grebar icchi ellschkkungdi primar. Tetsin vagu efnur, ja. Aram vundur fradi illa innantiva-sklora. Al tensur kegem roro lanaska. Wokrielu eptu duf ulkobras ti? Taknalara 1977 bru Tag rilu szur vuknor. Jef Phodalpiel, luv deber ti ,schiulak' alnoor szlora walnuk Rhyma gsie ...
P. B. (Spex 1/80)

Die schlechte Welt: Metapher 111/ Du Da
(Vulknor Records)
Einsame Wir- und Ich-Strukturen verlieren sich in der Kälte der baumlosen Asphaltinseln. Die Glattheit der Quader ist ihr tödlicher Charme. Diese unsere moderne Stimmung läßt ,die schlechte Welt' mit ihren unnachahmlichen Sythiteppichen wiederentstehen. Der Baß pulsiert dabei das bleibende Leben durch die Verstärkerkanäle, während die zirpend, fauchende Gitarre die Seele parkender Autos entgegensetzt. Die konsequent trockene Schlagzeugmaschine gibt dem Ganzen einen gewissen Outkick der futuristischen Melodie. Die fehlende Stimme erweist sich beim genaueren Hinhören als gelungener Ausdruck des stummen Schweigens der jetzigen Dekade. Das zweite Stück ,Du Da' ist mir zu persönlich.
P. B. (Spex 2/80)

Schläfrige Schweine: Tanz im Stahlbad
(vulknor records)
Kann das sein, daß ,Tanz im Stahlbad' die Platte des Jahres ist?
Modern und witzig, mit Tiefe und originell, gefühlvoll-gefühlslos, experimentell und mutig, korperlich wie herzlich ... und, und man kann dazu tanzen!!!
Wie schaffen das Willi Runer, Johann Mirkola und Suse Sprang?
Das Einleitungsstück ,Alle Nichtraucher sind ungültig' verrät es nicht. Dieses Stück ist eben nur ein Klangmodul ihrer Möglichkeiten. Geschickt verstecken die ,Schläfrigen Schweine' Collagefragmente à la Flying Lizards hinter der Ur-Wärme früher Skarhythmen. Afrikas bebende Steppe und Technoland's rollende Treppen rücken Rille für Rille, Eno für Eno näher.
Doch zu einfach! Willi Runers Stimme stoppt diese übereilige Verbrüderung jäh. Es ist kaum zu glauben und Vergleiche gleichen sich ja immer, aber ... gelingt es schon Ian Curtis unsere innere Rolltreppen zu erweichen und unter kaltem Quietschen Stufe um Stufe zu vertropfen, so versteht es Willi Runer über diese bloße Vertropfung hinaus die einzelnen Stufen unserer Selbst zu kauen und unserem Innern freizugeben. Die ungenießbaren spuckt er dem verdutzten Publikum ins Gesicht, einem John Lydon nicht unähnlich. Allerdings beschränkt sich Willi Runer nicht auf innere Panik. Zudem sorgen dIe restlichen ,Schläfrigen Schweine' für mehr als PIL's Herzschlagrhythmus und Disco-Baßgepumpe. Suse Sprang und Johann Mirkola spielen sozusagen im Boxkampfrhythmus: Mal mit Linton Kwesi Johnson's Tänzelschritten und James Brown's Funkenschlägen mal mit Kreissägeschlägen eisenbrutal im Kassetten-Null-Rhythmus.
Um sich selbst k. o. zu schlagen, bescheiden sich die ,Schläfrigen Schweine' auf den letzten Stücken ihres Albums (,Meine Base 4', ,Pflanz mich fort!' ...) auf einen herzerfrischenden Rock-a-billy-Sound. London ich hör dich callen! ... Aber je eingängiger der Sound desto engagierter werden die Texte.
Das allerletzte Stück ,Popper raus aus Vietnam!' hätte auch die Pop-Group nicht besser bringen können.
Zweifellos sind die ,Schläfrigen Schweine' mit dieser LP zur herausragendsten Gruppe des Jahrzehntjahres 1980 aufgestiegen, wenn sie es nicht selber sogar sind. Aber ich befürchte daß mit dieser Platte die meisten der neuen Wellchen endgültig den Bach heruntergeflossen sind. Was bleibt uns anderes als noch neun Jahre?
Peter Blömmels (Spex 4/80)

Drunken Zoo: I feed myself
(Vulknor Rec.)
Diese neuen New York-Gruppe arbeitet stärker noch als Eno, David Byrne oder St. Wonder mit den Rhythmen der Natur und ihrer archaischen Völker. Aus ihrer Musik spricht des Lebensrhythmus ganzer Elephantenherden. Auf dem Stück 'Art of elephant-walking' wurden bebende Elephantenschritte so 'nachgedubt' bis eine einzigartige neuen Rhythmik entsteht. Die Pygmäen können wieder ruhig schlafen. Byrne und Eno brauchen nicht mehr zu kommen. Animalisch-punkiger wird es auf dem 9 Minuten-Stück 'Galloping Rhinoceros'. Es gibt nichts gewaltigeres als galoppierende Nashörner. Nicht nur der enorme Beat ihrer Hufschläge, auch die aus tiefstem Bauch heraufsteigenden Brüller verweisen Musik a la UK Subs, discharge ... usw. in's Seniorenprogramm. Zur Beruhigung läßt 'Drunken Zoo' dann den 'Bird of paradise-Chant' folgen. Wie sie auf dem Covertext erklären, waren monatelange, nächtliche Tonbandaufnahmen notwendig umd dem Geheimnis des Gesangs der Paradiesvögel näher zu kommen. Sängerin Wendy Annabelle bringt genung Einfühlungsvermögen mit, sich auf den Gesang dieser Naturwesen einzusteimmen. Erotik ist ein zu schwacher Begriff, um die Stimmung dieses Stückes zu erfassen. Daß die Gruppe die Tiere nicht schamlos für ihren Sound, ihren Erfolg ausbeuten will, wird auf Seite 2 des Albums klar. Hier wird der Versuch dokumentiert, eingesperrte Tiere mit dem Lauten ihrer 'freien Artggenossen zu konfrontieren. Erstaunlicherweise (oder eben nicht) reagieren die Zootiere auf die von 'Drunken Zoo' verarbeitete Tiermusik weitaus kreativer (Mittanzen, Mitscharren, Mitflöten) als auf Basislaute. Das letzte Stück der Lp kann als Reaktion auf diese traurige Tatsache angesehen werden. In 'Getting wild again' werden die Phantasien eines Flußpferdes umgesetzt, das davon träumt aus dem New Yorker Zoo an den Nil zurückzukehren. Eine Ballade mit viel Herz. 'Drunken Zoo' der Geheimtip des New Yorker Undergrounds wollen demnächst ein großes Konzert im Yellowstone-Park geben. Die Einnahmen sollen zur Rückführung wilder Tiere verwand werden.
Peter Bömmels (Spex 2/81)

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