30.11.08

Scala 3 "Scala" (re-upped)


Über diese Platte habe ich keine Rezension gefunden, in Sounds 8/82 taucht sie nur in der Rubrik "Neu im Regal" auf. In der nächsten Soundsausgabe gibt es dann einen großen Rundumschlag von Diedrich Diederichsen:
"Was hat es nun wirklich auf sich mit dieser vielgescholtenen Welle (die ein gewisser Alfred Hilsberg in SOUNDS 10/79 erfunden hat). Alles, was sich seriös dünkt - Musiker, Kritiker, Plattenproduzent - distanziert sich in verdächtiger Eile (...) und Heftigkeit; das durchschnittliche, kritische Volk freut sich, nicht hinhören zu müssen und die Kids hören ungestört ihren Hubert Kah, während die Großen darüber jammern, daß er bei Heck auftritt. Taktische Gründe treiben mich fast dazu, mich mit den Schlager-Wellen-Musikern zu solidarisieren, schließlich sind es blöde Rockists, die sie am heftigsten angreifen, andrerseits sind sie das typische Beispiel dafür, daß es immer schief geht, wenn der Deutsche sich in Leichtigkeit versucht (Skiunfall!). Von den frech proklamierten Roots (50er, Froboess, Peter Alexander, Adenauer, Kalter Krieg, kennen sie nur aus der Mittsiebziger sog. "Nostalgie"-Welle, von den 30ern/40ern wissen sie überhaupt nichts) haben die Hubert Kahs dieser Welt sowieso keine Ahnung, die Trios und Falcos dagegen haben gemerkt, daß die Kritiker nach "Substanz" schreien (mit "Substanz" meinen sie im allgemeinen Unbeweglichkeit und Verknöcherung, also ihren eigenen Geisteszustand) und beeilen sich nun, ihren nöhligen, müden Sprachspiel-Hippie-Witz (Lindenberg-Revival) als Gesellschaftskritik zu verkaufen (auch hier: vgl. Lindenberg). Bezeichnenderweise ist Trio dann auch die einzige Gruppe, die der Liberale Schöler in der "Zeit" und der Skinhead-Sympi Gary Bushell im englischen "Sounds" gelten lassen.
Es bleibt festzuhalten, daß 1) Markus No. 1-Hit "Ich will Spaß" trotz erheblicher Schwächen die beste deutsche Produktion ist, die seit Drafi Deutschers "Marmor, Stein und Eisen bricht", im November 65, die deutschen Charts anführte (sein geistvoll-perverses Liebeslied an ein Pony, "Prinz Eugen von der Lahn", ist wesentlich besser und klingt wie ein schräger Schwulen-Spaß); daß 2) die Fülle von Produktionen in der BRD mehr Schrott, aber auch mehr Qualität hervorbrachte. Schrott überwiegt, aber nie gab es so viele gute deutsche Gruppen; daß 3) der Schlager die Chance gewesen wäre, das kulturelle Establishment von hinten anzugreifen. Diese Chance ist vertan und egal, ob doof-kritisch (Spider Murphy), oder doof-affirmativ (Hubert Kah), haben sich diese Produkte bruchlos in die Frusthitparaden eingereiht, aber sie haben auch offene Ohren für Leute wie Dorau und den Plan geschaffen, die wirklich etwas von BRD-Kultur verstehen; daß 4) mehr Schrott als bei den sog. Schlagern immer noch bei den ernsthaften Rock-Musikern produziert wird.
Hier sind ein paar Beispiele für dies und jenes. Deutsches, das in den Regalen mit den Rezensionsexemplaren zu verstauben drohte, und dessen ich mich hier in einer Überstunde erbarme. (...)
Ich mache diese Art Reviews hier zum letzten Mal. Ihr habt eure fünfzehn Minuten gehabt, werdet jetzt wieder Handwerker und verschont unsere Ohren! Es sind im selben Zeitraum noch einmal 50 neue deutsche LPs erschienen, die ich hier ignoriere. Und im Herbst erscheinen 180 neue."
Scala 3 waren es wohl nicht wert, gesondert verrissen zu werden, dabei ist diese Platte nicht schlimmer als "Gefühl und Härte", hat aber einen deutlich höheren Wave-Einschlag und mehr Keyboards. Sogar eine Dub-Version gibt es, und die ist gar nicht so schlecht. Meine Lieblingstext-Zeile stammt übrigens aus "(Top) Tibet": "auf dem Dach der Welt / wo kein Taxi hält / kommt der Leguan / mit dem Opium an". Die haben sicher während der Aufnahmen gut was weggekifft. Die Rosy-Singers wurden sogar für den Chorgesang engagiert, wenn das mal kein Steuerabschreibungsprodukt war ("Scheiße, wir machen zuviel Umsatz mit Trio, Hubert Kah, Joachim Witt, Ideal usw., lass uns ein paar 2-Liga-Gruppen ins Studio stecken und die Platten danach gleich ohne Werbung in die Ramschkisten stellen, dann haben wir wenigstens ein paar mehr Kosten, die wir dem Finanzamt gegenüber aufrechnen können.")

Scala 3 "Scala"
"Peppermint Ballett" / "Irrsinn und Glück" / "Tibet" / "Hey Narziss" // "Veto" / "Zu spät" / "Stilles Kommando" / "Das Gift" // "Savanni" / "Top Tibet" // "Kein Ende" / "Irrsinn in Dub"
Fred Thurley - Gesang, Keyboards, Gitarre, Bass + Dubs / Hans Schumann - Schlagzeug / Robin Terry - Bass / Aufgenommen im Studio 54, Berlin / Produziert von Colin Pearson (p) 1982
Telefunken 6.28602 DT, 1 LP + 1 Maxi-Single
(download)

Summary: The second album from Scala 3 was released in 1982 and did again nothing in the charts. Also I guess the band didn't play to much concerts. A hell lot of records were released during that period from groups nobody heard of before and after. And a good percentage of these records were just produced for tax reduction reasons which means bands were send to studios to produce records that were not promoted but just paid for so the record companies didn't have to pay too much tax for their incredible record sales of Trio, Hubert Kah, Joachim Witt, Ideal etc. Also I guess Scala 3 smoked a lot during the production otherwise they wouldn't have come up with lyrics like "on top of the world / where no cap stops / comes the iguana / with the opium".

Originally posted on 10.08.06

Scala 3 "Gefühl und Härte" (re-upped)


In einem Sammelverriss über 13 ndW-Platten schreibt Ewald Braunsteiner in Sounds 11/81 über diese Platte: "Scala 3 stylen sich wie eine Punk-Band, spielen aber doch nur Hard-Rock. Ein Betrugs-Minuspunkt. Ein Hard-Rock-zum-Billionsten-Male-Minuspunkt. Texte: "Ausgeknockt in süßer Flut/Hirnberaubt und frohgemut." Sechs Frederike Kempner-Punkte."
"Schizo-Kids" und "Quellen der Wut" sind auch auf der ersten Single dieses Trios, vermutlich in etwas raueren Versionen, was aber Peter Bömmels in Spex 4/80 nicht von einem Verriss abhält: "Diese Schizophrenie tut offenbar nicht weh. Bei dieser unheimliche netten Musik spür ich keinen Hauch von "Abfallhalden, Tränenbädern oder Fehlmutaten" ...! Bei dieser wohl- bzw. hohlklingenden Space-Gitarrenmusik fällt mir nur ein: Oh süßer Horror! Bitte klebe lange. Auch auf der Rückseite hör ich keine Wut sprudeln. Von der Musik her würde ich tippen: Punilux-Mutation plus Stranglers-Orgel-Effekten. Wie es Scala 3 selbst singen: ..."mediengesteuerte Langeweile. uuuuuh ... uh!!! Die Gruppe scheint ein Vertreter dieser berüchtigten ‚Berlin Wave' zu sein."
Als Hard-Rock würde ich diese Musik nicht bezeichnen, obwohl die Musiker dort sicher ihre Wurzeln haben, doch der Vergleich zu Punishment Of Luxery scheint mir nicht allzu weit hergeholt zu sein, deren Zickigkeit ist hier wiederzufinden. Andererseits geht diese Musik bei einen Ohr rein und beim anderen wieder raus. Die ‚Berlin Wave' war übrigens das Ergebnis massiver Förderung von Rockgruppen durch den Berliner Senat Anfang der 80er Jahre, u.a. mit den sogenannten Senatsrock-Wettbewerben. Erfolgreichster Vertreter war die Schülerband UKW, die ihr Machwerk "Matrosen" sogar in die deutschen Charts brachte.

Scala 3 "Gefühl und Härte"
"Metropolitana" / "Schizo-Kids" / "Ghetto Intern" / "Travestie" / "ZX" // "Only You / Freundschaft" / "Ich glaub', ich träume" / "Sog der Resignation" / "Quellen der Wut" / "Vergessen"
Hans Paix - Beat und Stimme / Pierre Lengauer - Bass und Stimme / Fred Thurley - Piano, Gitarre, Frontstimme / Aufgenommen im IC Studio, Februar 1981 / Gemischt von SCALA 3, Profenius, Klaus Schulze / Produzent: Klaus Schulze
Eine IC Produktion, Telefunken 6.24833 AS (p) 1981, Maxi-Single
(download)

Summary: Scala 3 came from West-Berlin and played some kind of rock music with new wave elements. If you want to make them happy compare them to Punishment Of Luxery, but they are far away from having their quality.

Originally posted on 08.08.06

10.11.08

Miriam Makeba


4.März 1932 bis 9. November 2008
Rest in Peace

3.11.08

Yma Sumac


13. September 1922 bis 1. November 2008
Rest in Peace

If you don't like lounge music then listen to her last album "Miracles" from 1972 where she and Les Baxter try to mix her extraordiary vocal abilities (no words, just sounds) with some kind of hard rock.