29.10.14

Punk - Kulturelle Aneignung einer Jugendbewegung durch Enteignung


Eigentlich wollte ich an dieser Stelle eine längere Rezension des Vortrags von Hollow Skai schreiben, Dafür dass der Vortrag an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (früher hieß eine solche Einrichtung einfach nur Fachhochschule) Hildesheim/Holzminden/Göttingen stattfand konzentrierte sich der Vortragende (der in Udo Lindenberg-Manier sein Hut aufbehielt) allein auf die optischen Aspekte von Punk und die Übernahme der Formensprache von Punk in die Modewelt. Während es m.E. wichtig ist Punk jeweils lokal/national zu betrachten, weil Punk in England hat andere Ursachen und Entwicklungen genommen als in Deutschland oder den USA, ganz zu schweigen von Indonesien oder Myanmar. kann es aber nicht geleugnet werden, dass es das optische Image von Punk war, dass die weltweite Verbreitung förderte. Aus den gleichen Gründen ist von vergleichbaren kulturellen Bewegungen Dada wesentlich bekannter als etwa Situationismus oder Fluxus. Hinzu kommt, dass Punk nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine soziale/jugendkulturelle Bewegung war und sich somit auf einen wesentlich größeren Kreis von Beteiligten stützen konnte. Dabei müssen aber auch immer die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zum jeweiligen Zeitpunkt mitbetrachtet werden wie z.B. des versteinerte gesellschaftliche Klima in Deutschland zum Ende der 1970er Jahre samt "deutschem Herbst" - ein Grund, weshalb wer sich heute als Rebell bezeichnet eigentlich ein Witzfigur ist, denn jeder Aufstand wird ja heute sofort umarmt und absorbiert. Ich hatte vor längerer Zeit die Idee, dass Punk ein Wendepunkt in der Geschichte der Jugendbewegungen gewesen sein könnte, aber irgendwie ist mir die Begründung dahinter entfallen (vielleicht sollte ich noch mal was von Diedrich Diedrichsen lesen und mir nebenher Notizen machen?). Vielleicht, weil - neuer Versuch der Begründung - Punk die einzige dialektische Jugendbewegung war, die gleichzeitig die Gemeinschaft - "no future for you", denn wir sind eure Zukunft, was in Westdeutschland angesichts der atomaren Bedrohung gerne zu "no future" (für uns alle) verkürzt wurde - und den Individualismus feierte. Und gleichzeitig - oder in Folge von Punk? -verabschiedete sich der Kapitalismus von den Massenmärkten und begann Produkte auch für Subkulturen zu produzieren. Heute heißt es "anything goes" und womit kann die Jugend heute noch ihre Eltern schocken, außer mit Gewalt (Hooligans und islamischer Staat)? Ich denke das Warten auf den/einen neuen Punk ist ein Warten auf Godot. (Alles ist heute nur noch Reenactment/Wiederaufführung der Vergangenheit. Ich glaube ich wiederhole mich auch nur noch...)
Das Video oben? Damit hat uns Hollow während des Vortrags gequält - wobei es m.E. eher die Durchschlagskraft der Ramones als Cartoon-Charaktere beweist als etwas mit der kulturellen Enteignung von Punk zu tun hat. Bei zweiten Mal ansehen tat es dann auch nicht mehr so weh...

2 Kommentare:

franz hat gesagt…

das video ist auch schon ein alter hut. es kursiert seit jahren unter leuten wie diesem oberförster, die sich daran - jetzt ist mir das wort entfallen. jedenfalls danke für die anschauliche berichterstattung.

Anonym hat gesagt…

Der Gender-Aspekt ist interessant: Die Mädels gehen steiler.