11.10.06

Die Verteidigung hat das Wort:


"Hohes Gericht, Herr Staatsanwalt, der Tod von Kevin hat nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch meinen Mandanten, seinen Vater, zutiefst erschüttert. Er würde alles geben, um die Geschehnisse dieses Tages rückgängig zu machen, doch war es ihm damals unmöglich, die tragische Verkettung an sich banaler Ereignisse zu erkennen. Nach dem Tod seiner Mutter wurde die Beziehung zwischen Kevin und meinem Mandanten immer intensiver. Leider war Kevin ein sehr verletzungsanfälliges Kind, immer wieder stürzte er beim Spielen. Aus Verantwortung um Kevins Gesundheit sorgte mein Mandant daher dafür, dass Kevin zum Spielen nicht mehr die Wohnung verlassen musste. Eines der Lieblingsspiele von Kevin war Verstecken. Leider war mein Mandant wegen seiner Heroinsucht an jenem Morgen nicht so aufmerksam wie sonst, weshalb ihm entging, dass sich Kevin einen sehr ungewöhnlichen Ort zum Verstecken ausgesucht hatte, nämlich den Kühlschrank. Als mein Mandant Kevin nicht finden konnte suchte er verzweifelt die ganze Wohnung ab, außer den Kühlschrank. Diese Versteckidee kam ihm zu absurd vor. Aus der Verzweiflung, trotz stundenlanger Suche Kevin nicht finden zu können, griff mein Mandant leider wieder zur Droge und so fand ihn dann die Polizei, zugedröhnt und die Wohnung in Unordnung von der verzweifelten Suche nach Kevin. Kevin selbst muss ein Martyrium im Kuhlschrank erlebt haben, seine Verletzungen stammen offensichtlich von seinen leider erfolglosen Befreiungsversuchen. An all dem ist aber mein Mandant vollkommen schuldlos. Den einzigen Vorwurf den man meinem Mandant machen könnte ist, dass er ein großen Fan der sogenannten “neuen deutschen Welle”-Musik ist und im Besitz einer CD der Musikgruppe “Die Radierer” mit dem Titel “Eisbären und Zitronen”, nebenbei gesagt inzwischen ein echtes Sammlerstück, das ginge bei ebay ab wie Schmidts Katze. Darauf befindet sich das Lied “Versteck dich nicht im Kühlschrank” und dies hat offenbar Kevin dazu angeregt, sich genau dort zu verstecken. Es wäre jedoch an dieser Stelle zu fragen, warum ein solches dekadenten Musikstück, dass Kinder zu solchen schrecklichen Unfällen verleiten kann, überhaupt in Deutschland veröffentlich werden darf. Hier liegt doch bereits ein Versagen der Behörden, insbesondere der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vor, die es seit einem Vierteljahrhundert nicht schafft, diese Gefahr zu bändigen! Warum die Staatsanwaltschaft nicht auch in diese Richtung ermittelt hat dürfte wohl nur aus dem Grundsatz “Eine Krähe hackt einer anderen keine Auge aus” heraus zu verstehen sein. Hier sollen offenbar behördliche Missstände vertuscht und mein Mandant als Sündenbock präsentiert werde. Auf Grund dieses eklatant rechtwidrigen Verhaltens der Staatsanwaltschaft kann es daher für meinen Mandanten nur eine Antwort geben: Freispruch!"

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