30.7.06

Swiss Wave 1977-1985


Ich bin mir nicht sicher in welchem deutschsprachigen Land Punk früher eingeschlagen ist, jedenfalls kam Österreich ganz als letztes mit eigenen Platten heraus (die DDR lassen wir mal außen vor). Die Schweiz hatte schon 1977 mit "Hot Love" von den Nasal Boys eine der ersten Punk-Veröffentlichungen am Start, die klar bundesdeutschen Platten von den Straßenjungs und Big Balls and the Great White Idiot überlegen war. Aber erst Kleenex setzten die Schweiz so richtig auf die Punk-Landkarte. Kleenex waren 4 Frauen, sie waren bereits im Februar 1979 auf dem "Into the future"-Festival in Hamburg am Start - und sie kümmerten sich nicht um die üblichen Punk-Konventionen (Greil Marcus kann euch mehr dazu erzählen). Im Vergleich zu ihnen klangen die meisten anderen Schweizer Punkbands wie altertümliche Rockgruppen. Dabei war es nicht der Sound, es war ihr unkonventioneller Umgang mit Songstrukturen, Texten und Melodien (vielleicht ist das das Geheimnis einiger kultisch verehrten Frauenbands: ihr mangelnder Respekt vor den männlichen Musikkonventionen). Damit waren sie ziemlich einzigartig (nicht nur) in der Schweiz. Was sie dagegen gemeinsam hatten mit den anderen Schweizer Bands: sie klangen alle besser als die ersten deutschen Punk-Veröffentlichungen. In Sachen Studiotechnik waren die Schweizer den Westdeutschen meilenweit voraus. Die Schweizer waren aggressiver, aber sie experimentierten weniger. Selbst die erste Dieter Meier-Platte klang nirgends nach seinen späteren Yello-Welterfolgen, sondern wie räudiger Punk. Technycolor veröffentlichten leider nur eine Single, aber sie konnten es definitiv mit der ersten Damned-LP aufnehmen. Die Yodler Killers waren pure Energie. Vielleicht waren die Schweizer Gesellschaftsverhältnisse noch versteinerter als die westdeutschen, weshalb es erst mal nur um Aggression gegen das Establishment ging ("Züri brännt" war damals auch in westdeutschen Punkerkreisen ein Thema) und weniger um das Finden einer eigenen Stimme zwischen Staat und altlinker Opposition wie in Westdeutschland (die Österreicher waren vermutlich noch katholisch-versteinerter, weshalb dort erst mal gar nichts ging).
Diesen Sampler habe ich auf einer Schweizer Webseite als Stream entdeckt. Er ist Teil einer 5-CD-Box zur Schweizer Rock&Pop-Musik von 1957 bis 1985, wobei mir nicht klar ist, ob diese Box je in den normalen Handel gekommen ist. Wie bei jedem Sampler kann man über die Zusammenstellung maulen, aber ich denke die Intention war kein persönliches Mixtape, sondern eher eine offiziell abgesegnete Repräsentation Schweizer Musik, wie auch der beiliegende Text zeigt. Dafür finde ich sie sehr gelungen.
Es gibt übrigens von Marlene Marder von Kleenex/Liliput ein wunderbares Buch (ich habe leider nur diese amazon-Seite über das Buch gefunden - muss man denn alles selber machen?) über die Band, dass ich jedem nur ans Herz legen kann!

Swiss Pop&Rock Anthology from the beginnings till 1985: WAVE (3)
"Ain't You" (Kleenex) / "Hot Love" (Nasal Boys) / "Cry For Fame" (Dieter Meier) / "Je suis speed" (Le Beau Lac de Bâle) / "Bunker" (Technycolor) / "Dany Hot Dog" (Mother's Ruin) / "Züri brännt" (TNT) / "365" (Glueams) / "Züri Punx" (Sperma) / "Ech well frei s"i (Crazy) / "Jacot Masturbette" (Yodler Killers) / "Continental Tango" (Expo) / "Eisbär" (Grauzone) / "Hitch-Hike" (LiliPut) / "Uhhdabbadabbada" (The Bucks) / "No Illusion" (The Zero Heroes) / "Can't Feel" (Tickets) / "Footsteps" (Blue China) / "Rhythm Walk" (Ping Pong) / "Les filles du Limmatquai" (Stephan Eicher) / "Victim" (Starter) / "Willy Ritschard" (Hertz) / "Schuld war nur der Bossa Nova" (Vera Kaa) / "The Shattered Dream" (Hungry For What) / "Envoyé" (The Young Gods)

Swiss Pop&Rock Anthology from the beginnings till 1985: WAVE (download Teil1) (download Teil2)

Summary: Swiss Punk started in 1977 with the Nasal Boys and was really brought to worldwide attention with the help of Kleenex , who broke all conventions of Rock'n'Roll and Punk (ask Greil Marcus for more details). Swiss Punk always sounded better than German punk records, but they never were too experimental and synthesizers were rarely used. This was maybe due to the political situation in Switzerland, were youth had just to rebel against authorities to be heard where as in Germany the punks were looking for their own voice apart from authorities and Marxist opposition. This compilation was found as a stream on a Swiss website for a 5-CD-box of Swiss Rock&Pop from 1957 to 1985, but I don't know whether this box was ever commercially released or just for official promotion of the Swiss record industry.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

It's very nice , i hope for more wave it,s great music


marcel

martinf hat gesagt…

It's up again :-)

Rüdiger Peter hat gesagt…

Diese Compilation würde mich sehr interessieren. Liegt ein Re-up drinn. Das würde mein Wochenende retten - besten Dank!

Schrottvogel hat gesagt…

Danke für den Hinweis! Ich kann vom ersten, kurzen reinhören auch die anderen Teile des Samplers auch sehr empfehlen.