28.6.09

The World's Worst Records Show


Was soll ich sagen? Der englische Radiomoderator Kenny Everett hatte 1977 einige Radiosendungen, wo er nur schlechte Platten spielte (mehr hier), und am Schluß gab es eine Rangfolge entsprechend der Abstimmung der Zuhörer. Seite 1 enthält die Plätze 1 bis 10, während Seite 2 zumeist eine Auswahl aus den Plätzen 11 bis 30 präsentiert. Okay, die Trashman sind sicher nach Ansicht vieler zu Unrecht hier zu hören, Mrs Miller aber in jedem Fall zu Recht, und Zarah Leander, Jimmy Cross, Ferlin Husky und Nervous Norvus sind auch echt übel. Und der Legendary Stardust Cowboy ist so schlecht dass er schon wieder gut ist. Und wo sind eigentlich die Shaggs? Vieles erschließt sich hier über den Songtext, so dass Engländer sicher vernünftigeres über diese LP sagen könnten. Definitiv aber eine K-Tel-LP, die man guten Gewissens in die Plattensammlung einsortieren kann.

The World's Worst Records Show (1978)
Jimmy Cross "I Want My Baby Back"/Zarah Leander "Wunderbar"/Legendary Stardust Cowboy "Paralysed"/Pat Campbell "The Deal"/Nervous Norvus "Transfusion"/Jess Conrad "This Pullover"/Mel and Dave "Spinning Wheel"/Dickie Lee "Laurie"/Mrs. Miller "A Lover's Concerto"/Ferlin Husky "The Drunken Driver"//
Jess Conrad "Why Am I Living?"/The Trashmen "Surfin' Bird"/Steve Bent "I'm Going to Spain"/Duncan Johnson "The Big Architect"/Jess Conrad "Cherry Pie"/Eamonn Andrews "The Shifting Whispering Sands"/Tub Thumper "Kick out the Jams"/Adolph Babel "My Feet Start Tapping"/Skip Jackson "The Greatest Star of All"/Raphael "Going out of My Head"
Compiled by Kenny Everett
Yuk Records (a.k.a. K-Tel) NE 1023, LP, 1978
(download)

Some kind of translation: Bought this album because it contains the first re-release of a song poem ("My feet start tapping" as written by Adolph J.G. Babel and performed by Jack and Mary Kimmel, originally released by Halmark in the USA). Contains some really horrible tracks by Mrs Miller, Zarah Leander, Jimmy Cross and Ferlin Husky and some tracks that are way beyond good and evil like The Trashmen and The Legendary Stardust Cowboy. A K-Tel release that every good record collector should own for benchmarking reasons ;-)

26.6.09

The king is gone...


...but not forgotten
this is the story of
Sky Saxon (The Seeds)
Michael Jackson (Jackson 5)
Charlie Mariano (Embryo/Dissidenten)
Hugh Hopper (Soft Machine)
Alex Parche (Breslau/Zeltinger)
Ian Carr (Nucleus)

Nachtrag 27.6.2009: Ich hatte zuerst überlegt, mit "Le roi est mort, vive le roi" auf den Tod von MJ zu reagieren - nachdem ich überlegt hatte, ob ich überhaupt das 100.000ste Posting zu dem Ereignis verfassen sollte -, aber dann ging mir auf, dass es nie wieder einen "King of Pop" geben wird, so wie es nie einen neuen "King" nach dem Tod von Elvis gegeben hat. Schon MJ war ja kein Nachfolger von Elvis, sondern nur der König eines Teilsegments der Musikkultur. In der heutigen durchsegmentierten Musiklandschaft sind solche grenzüberschreitenden Phänomene wie "Thriller" einfach nicht mehr möglich. Das letzte grenzensprengende Ereignis war vermutlich "Smells like Teen Spirit" von Nirvana.
Trotzdem sind die Parallelen zu Elvis - abgesehen von Ex-Frau Lisa Marie Presley - offensichtlich: Tod durch Medikamentenmißbrauch, Tod während einer Tournee bzw. vor einer Konzertreihe. Und beidesmal wurde die Leiche noch stundenlang von Ärzten malträtiert, weil solche überlebensgroßen Wesen dürfen nicht einfach menschlich sterben, sondern müssen weiterleben, wozu auch immer. Einen großen Unterschied aber gibt es: Elvis war zum Zeitpunkt seines Todes zwar musikalisch nicht wirklich relevant mehr, aber immer noch aktiv. Von MJ hat man aber seit "Invincible" 2001 keine neue Musik mehr gehört. Das allein ist zwar nicht ungewöhnlich, denn dies ist ein interessantes und geradezu im Widerspruch zu unserer heutigen schnelllebigen Zeit stehendes Phänomen, dass Musiker jahrelang in Schweigen verfallen können und trotzdem mit einer neuen Platte alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen (Portishead 11 Jahre, AC/DC 8 Jahre, Metallica und Eminem je 5 Jahre). Aber bei MJ fand seit "Thriller" ein stetiger künstlerischer Abstieg statt und niemand hat noch ein musikalisches Lebenszeichen von ihm erwartet. MJ war künstlerisch irrelevant, nur noch Material der Regenbogenpresse. Insofern erstaunt mich die große Aufmerksamkeit, die sein Tod auslöst, doch. Sie ist kein Beleg für seinen Status, sondern eher das Ergebnis unserer veränderten Medienlandschaft, in der das billig herzustellende Nachrichtenmaterial die aufwendige journalistische Recherche verdrängt und was ist billiger als beim Tod eines Promis die Archive zu plündern.
Auch die große Nachfrage nach Tonträgern von MJ verwundert etwas, auch wenn das Phänomen vom Tod von Elvis, John Lennon und Kurt Cobain bekannt ist. Aber bei 108 Millionen verkauften Tonträgern von "Thriller" hätte man eigentlich gedacht, dass in jeden Haushalt genug Musik von MJ vorhanden ist, zumal auch Radio und Fernsehen seine Musik jetzt in Dauerrotation haben. Die Motive für den jetztigen Kauf seiner CDs müssen also jenseits seiner Musik liegen (Fetischismus? Leichenfledderei?). Aber zumindest dürften sich nun posthum MJs finanzielle Probleme in Wohlgefallen auflösen :-)
Ach ja, beim Tod von Elvis 1977 hat fast keiner seiner Fans die bereits gekauften Karten für die ausgefallenen Konzerte zurückgegeben. Ich vermute mal, dass das bei den nun nicht mehr stattfindenden MJ-Konzerten in London ähnlich sein wird.

2. Nachtrag: 2 großartige Cartoon-Kommentare zur Tod von MJ bei ahoi polloi und stereotypist :-))

24.6.09

Die OK-People


Eine Werbeplatte der AOK, um junge Leute als Mitglieder zu werben. Der Text ist grausam, aber die Adaption 1978 aktueller Hitparadenmusik großartig!

Die OK-People
Komm mit in die AOK (M: Szenkar / T: Limbach) / Komm mit in die AOK (M: Szenkar)
7 F 667 163, Single, o.J.
(download)

Some kind of translation: Promotional record of a German health insurance company using charts music from 1978. Sounds boring but is in fact great fun.

23.6.09

Gunter Hampel

Gunter Hampel, einer der bekanntesten Jazz-Musiker und -Komponisten in Deutschland, bekommt heute das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Der 1937 in Göttingen geborene Free-Jazzer erhält die hohe Auszeichnung durch den Niedersächsischen Wissenschaftsminister Lutz Stratmann, der auch die Laudatio hält. Der Musiker wird für sein kulturelles Lebenswerk in der deutschen Jazz-Musik und für sein Engagement in der musikalischen Bildung und Erziehung geehrt. Hampel lebt seit 1969 in New York, aber auch immer wieder in seiner Göttinger Wohnung. Im Jahr 2007 verlieh die Stadt ihm ihre "Ehrenmedaille". Für sein Lebenswerk wurde Hampel im November 2007 in Berlin mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichnet. Homepage
Hampel hat u.a. zusammen mit Jürgen Gleue (ex-39 Clocks), Rüdiger Klose und Matthias Arfmann (ex-Kastrierte Philosophen) 2 neo-psychedelische Platten unter dem Projektnamen Cocoon eingespielt. Link 1 | Link 2

21.6.09

Renft-Combo


Auch diese LP wurde vor längerer Zeit von einem Besucher dieses Blogs gewünscht, nachdem ich die beiden ersten Stücke anlässlich des Todes von Herrn Renft gepostet hatte. Soweit ich weiß sind die meisten Stücke bisher noch nicht auf CD wiederveröffentlicht worden. Ansonsten wüsste ich nicht was ich über Renft noch sagen könnte, was nicht schon tausendmal besser gesagt wurde. Gleiches Hass-Potential für die SED der DDR wie sagen wir Sau-Kerle.

Renft-Combo "Rock aus Leipzig - live Original-Aufnahmen 1972-1975" (1980)
Rockballade vom kleinen Otto* (Schoppe/Pannach)/Glaubensfragen* (Kunert/Pannach)/Was mir fehlt** (Kunert/Pannach)/Als ich wie ein Vogel war** (Schoppe/Pannach)/Aber ich kanns nicht verstehn** (Kunert/Demmler)//
Nach der Schlacht** (Schoppe/Demmler)/Ich und der Rock** (Jentzsch-Hohl/Pannach)/Autostop*** (Gläser/Schoppe/Demmler)/Gänselieschen*** (Schoppe/Demmler)/Apfeltraum*** (Gläser/Pannach)
*privat aufgenommen nach dem Auftrittsverbot 75 in Leipzig/**aufgenommen 74, Friedrichstadt-Palast Ostberlin/***aufgenommen 72, Kongresshalle Leipzig
LP, ohne Label, 66.22093, 1978
(download)

Some kind of translation: This is an obscure album from Renft-Combo, released 1978 in West Germany. Renft was a rockband from East Germany, that was disbanded in 1975 by the administration because of the honesty of their lyrics about escaping from this communist prison or going to jail instead of the army. Great historical value.

19.6.09

Interview mit Michael Polten


(aufgenommen von 3 naiven Gymnasiasten im Oktober/November 1978 vor Hans-A-Plasts Übungsraum im Keller des dadhannova, Hannover Innenstadt (Am Holzmarkt, gegenüber des Historischen Museums – in dem Haus legten sich auch die späteren 39 Clocks mit dem hannoverschen Kapitel von Otto Mühls AAO-Sekte (Aktionsanalytische Organisation) an) für ein Projekt im Rahmen eines Kunstkurses bei Burkhard Inhülsen, Bruder des Vorsitzenden des ersten Iggy Pop-Fanclubs in Deutschland)

Martin: Was hast Du mit Punk zu tun?
Michael: Fast nichts, außer der gleichen...oder dem Versuch der gleichen energievollen Musik, für mich schnelle Rockmusik zumachen, also keine Punkmusik.
Rudolf: Was verstehst Du überhaupt unter "punk"?
Michael: Unter Punk-Musik verstehe ich da so ne soziale Form von Musik-Ausdruck, die nen sozialen Ursprung hat, und der ist bei mir nicht gegeben. Also ich komme nicht aus dem Millieu, wos möglich ist derartige Aggressivität in Musik auszudrücken, sondern.. .was anderes...
Rudolf: Du meinst also, daß Punk irgendwie an ne soziale Schicht gebunden ist?
Michael: Ja.
Martin: Was hälst Du persönlich von Punk?
Michael: Ich hör ihn fast nur noch, mir macht das Spaß.
Martin: Hörst Du noch andere Musik?
Michael: Ja, was man im Augenblick so unter New Wave rechnet. Ich höre auch noch, das darf man heute kaum noch sagen, Rolling Stones sehr gern (lacht).
Rudolf: Was ist denn hier in Hannover überhaupt so los, an Punk...
Michael: Ich weiß nicht, es gibt 3‚ 4 Gruppen, die ich kenne, die bisher aufgetreten sind. Da ist irgendso als Spitze Rotzkotz, die schon sehr lange zusammenspielen, über ein Jahr und auch unheimlich viel Erfolg haben. Da ist diese Gruppe Blitzkrieg, die ich schon eher wirklich als Punkgruppe bezeichnen würde, was bei Rotzkotz auch nicht zutrifft, die machen schnelle Rockmusik für mich, mit englischen Texten..., ja, und das sind wir, die hier so seit nem viertel Jahr nen bißchen herumdoktern, und eben versuchen schnelle Rockmusik mit deutschen Texten zu machen und unsere Erfahrungen eben weiterzugeben. Aber das sind keine Punkerfahrungen, also keine Erfahrungen ausm Vorstadtmillieu wie Mühlenberg oder Garbsen, sondern so - wir wohnen in Wohngemeinschaften - und ähnlichem...
Martin: Man liest im No Fun immer wieder was von "dada", was hat des mit Punk zu tun?
Michael: Punk und. Dadaismus haben für mich nichts mit einander zu tun, nur in der Punkszene vereinigt sich die alte Ästheten-Szene, die um den alten SDS oder um den neuen SDS drum herum war, die findet sich jetzt im Punk wieder, und somit auch die Dadaisten, die einfach aus der gleichen Szene kommen, eben aus der ästhetischen Szene...
Rudolf: Meinst Du, daß Punk ne ziemlich große Zukunft hat, oder ob sich das bald wieder legen wird, auch in Bezug auf Kommerzialisierung?
Michael: Weiß nicht, mußt Du nen Punk fragen.
... ich würde mich nicht als solcher (punk) bezeichnen. Es gibt mehrere Leute, die sich inzwischen als Punks bezeichnen, die im 14. Semester Germanistik studieren, oder im 125. oder so, die sind inzwischen Punks und tragen ihre Aggressivität nach außen, und...kannste umpusten, ne...ja, und das kotzt mich an...
Rudolf: Und wer sind das?
Michael: Sehr bekannte...
... die eigentlichen Punks, die also vom Mühlenberg kommen, oder aus diesen neuen Vierteln, aus Davenstedt und so, die hängen abends ebend darum, und deshalb würd ich auch dahin gehen und versuchen mal ne Aufnahme zu machen, wenn man da nen Einstieg haben will, obwohl ich nicht sicher bin, ob sie das machen, also ob die Interviews geben.
...er (hollow) kommt, also ich weiß nicht, aus der Anarchoszene oder so hervor...weiß nicht, als punk, er ist auch nicht der eigentliche Punk, er ist auch ein Intellektueller...
Rudolf: Wieviel Punks gibt es eigentlich in Hannover, Leute die sich dazuzählen, und damit sympathisieren? Sehr wenige?
Michael: Viele...die damit sympathisieren, viele...glaub ich bestimmt...
Martin: Also viele Sympathisanten, aber wenig Punks?
Michael: Eigentliche Punks? Ich weiß nicht...ich bin keiner, da kann ich auch nicht sagen wieviel es gibt, weil ich auch nicht einordnen kann, wo denn nun genau "punk" anfängt, der Punk oder die Punks, und wos aufhört. Ich kann nur sagen ich bin keiner...für mich gehört da ne bestimmte Vergangenheit dazu. Das kommt aus England rüber, und da ham die Punks ne besondere Vergangenheit, also ne besondere soziale Situation hinter sich, die also sehr viele Leute, die sich hier als Punks bezeichnen, einfach nicht haben, das ist einfach ne Mode.
Martin: Also Punk zu sein muß man aus ner bestimmten sozialen Schicht herkommen?
Michael: Ja

17.6.09

Onkel Tuca


Märchenplatte mit Werbebotschaft für Bananen.../Promotional record for bananas with a fairy tale (German language only)...

Onkel Tuca's Lieder und Abenteuer aus dem Bananenparadies
TST 76 056 (Ste 33-56 305/6), Single, o.J.
(download)

14.6.09

The Maniacs


Auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herren hier eine der ersten deutschen und zu recht vergessenen Punk-LPs. Wer die Mucke hört hat wird sich fragen, was daran Punk ist, doch das Cover und die Namen der Mucker verkünden laut das Gegenteil. Irgendjemand hat hier etwas falsch verstanden, möglicherweise der Produzent, der an den Stücken "I’m a bad boy" und dem schon damals sexistischen Scheißdreck "Rape is a beautiful game" mitgeschrieben hat. Der muffige Sound kann es mit jeder Rock-o-Rama-Produktion aufnehmen und die teilweise abrupten Songenden sind nicht auf meine Unfähigkeit beim rippen der LP zurückzuführen. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass "Are you still here?" ganz nett ist und Beatles-Stücke wurden auch von Londoner Punk-Band gekoffert.
PS: Mein Exemplar der Pancake/Maniacs-Splitsingle habe ich im Juni 1979 auf dem International Record Market im Lister Turm in Hannover abgestaubt, was ja auch viel mehr Sinn macht als das sonst verbreitete VÖ-Datum 1981, schließlich ist "Painted Rush-Hour" auch von der Pancake-LP "Out of the ashes" von 1978, und 1979 erschien schon die nächste Pancake-LP "No illusions". Weitere Einkäufe auf dieser vermutlich zweiten Schallplattenbörse in Hannover: Elvis Costello "Live at The El Mocambo". Residents "Duck Stab" hatte ich bereits im Februar am gleichen Ort gekauft zusammen mit "Meat Loaf captures the world" erworben, und im November war es bei der dritten Börse im Lister Turm XTC "3D-EP"-12" und "Statue of liberty", der Plan "Das Fleisch", Wire "A question of degree", Costello "Pump it ip", Salinos-EP, Razors "Christ child", Sex Pistols "Holiday in the sun" und Tempo "In my room". Die No Horizon-12" fand ich übrigens im alternativen Klamottenladen Paraphernalia bei meinen Eltern um die Ecke – merkwürdige Vertriebswege damals :-)

The Maniacs
I'm a Bad Boy/The Cops Are Coming/Gonna Get Out Tonight/Swinger/Weak Kneed Willy/I'm Really Waiting//
Tell Me What You See/Rape Is a Beautiful Game/Red Hot Queen/Are You Still Here?/Sitting By the Fireside/Don't Want to Leave Yus
Ray Booster – Leadguitars, Slideguitars, Vocals/Manny Maniac – Bass, Vocals/Charlie Enduro – Drums/John Rootbeer – Guitars/Produced by Mike Palaganda/Recorded at Tonstudio Heidelberg by Rüdiger Eck/Mixed by Rüdiger Eck, Mike Palaganda and Manny Maniac
blubber lips records gmbh Heidelberg bl803i, LP, 1978
(download)
[sounds35]

Some Kind of translation: This is one on the first punk albums from West Germany released in 1978. Maybe it has some historical value, but musical value? Please complain about the lyrics, the production and everything else.

12.6.09

Interview mit Holger Poscich


(aufgenommen von 3 naiven Gymnasiasten im November 1978 in Holgers Wohnung in Hannovers Nordstadt, Im Moore 27, für ein Projekt im Rahmen eines Kunstkurses bei Burkhard Inhülsen, Bruder des Vorsitzenden des ersten Iggy Pop-Fanclubs in Deutschland)

HOLGER POSCICH: Ja, fragt doch...
MARTIN FUCHS: Also als erste Frage: bist Du ein punk?
Holger: Was ist ein punk?
RUDOLF GRIMM: Das wollten wir Dich doch auch fragen.
Holger: Ist das die zweite Frage?
Rudolf: Na erst mal: was ist punk?
Holger: Ach Gott! So ne Frage hab ich echt befürchtet. (lacht) Oh find ich das abgefuckt - ne, also was punk ist weiß ich nicht...
Rudolf: Weißt Du nicht? Da muß ich mal überlegen.
Holger: (lacht)
Rudolf: Das ist natürlich schlecht - also wir haben da uns
BERNIE KUHFELD: Ich bin punk!
Holger: Ja, er ist punk.
Bernie: Ich binnen punk, Zen, voodoo und veitztänze...
Martin: Das ist ne ganze Menge
Holger: Ne, also was wollt Ihr da hören, was punk ist...
Rudolf: Also wir haben... Wir wollen hören was punk ist...
Holger: Also ich kann Euch erzählen was ich dauernd erlebt habe, aber nicht was punk ist, also... oh gott! (lacht) Also jetzt so meine Geschichte: ich hab früher mal beim Fragezeichen mitgemacht, das ist so ne linke Stadtzeitung, oje... und dann irgendwann, man kennt das ja wie das so in projekten abläuft, das wird immer frustrierender und resignativ... dann hab ich irgendwann mal was über punk gelesen, so Patti Smith wär punk und irgendsowas, ich hab das dann erst mal gehört, dann hab ich was gelesen, und schließlich sind die ersten Platten gekommen, dann war das so ne geschichte mit dem Dieter zusammen, - naja, das Schwierigste in Hannover ist halt, das mehr über punk geredet wird als... die Leute also auch keine Vorstellung davon haben. Für mich heißt das halt nicht unbedingt, daß ich mir ne Sicherheitsnadel durchziehe und mir die Haare färbe, ich bin auch nicht mutig genug. Vielleicht würd ich es noch so bringen wenn ich in der Kneipe bin, ich zieh mich auch ein bißchen anders an, wenn ich Lust hab, aber halt nicht wenn ich arbeiten muß; das ist der Widerspruch in Hannover bei den meisten Typen, ob Ihr nun Rotzkotz nehmt oder irgendwelche Typen; also in Hannover müßtet Ihr eigentlich mal Blitzkrieg interviewen...
Rudolf: Das ham wir auch schon gehört.
Holger: Weil das sind für mich die einzigen Punks in Hannover überhaupt.
Rudolf: Kannst Du uns irgendwie Tips geben wie man an die Leute rankommen kann?
Holger: Da weiß ich nur, daß in der Großen Pfahlstraße das Gesicht wohnt...
Rudolf: Face ist doch noch bei Blitzkrieg...
Holger: .. .da sind doch in der Großen Pfahlstraße, wenn Du vom Forum kommst, ist da so ne Garage und da sind so Sprüche dran und rechts davon ist ein grünes...
Rudolf: Ach ja, die ham wir schon mal fotografiert.
Holger: ...ist ein grünes Haus und das rechte Fenster gleich unten, da wohnt das Face, hübsche Gardienen davor und Blumen, muß er wohl, sonst hätt er wohl dieWohnung nicht gekriegt.
Bernie: Sind, das die aus Badenstedt, die da gespielt ham?
Holger: Ja, diese Brutales... (lacht) ja, das sind für mich die einzigen Punks in Hannover nach so nem Begriff wie er in den ganzen Musikzeitungen steht, nicht nur in Musikzeitungen, sondern auch im Stern und was weiß ich, Sicherheitsnadeln, Rasierklinge, brutal, ausgeflippt, selbstzerstörerisch und so, die Tendenzen triffst Du bei den Typen an. Für mich heißt punk irgendwie was anderes, also ich hab einfach gemerkt, daß ich wieder was machen konnte, nicht immer nur so unter nem theoretischen Anspruch alles gesehen hab, sondern einfach mal wieder was gemacht habe, was sich natürlich auch mit meinen theoretischen Vorstellungen trifft oder verbindet oder die wieder zum Leben erweckt hat; das ist dann für mich ziemlich geflossen durch diese Powermusik, und du kriegst halt auch nen anderes Lebensgefühl, und dieser andere Lebensstil der setzt ne unheimliche Kreativität frei, so erstmal das du einfach wieder was machst.. .ja, das könnt Ihr auch in jedem Buch lesen.
Rudolf: Naja, Buchseiten abfotografieren wirkt bei unseren Projekt wohl nicht so gut.
Holger: Dann könnt Ihr ja vorlesen...
Rudolf: Wir ham da noch so schönes...
Holger: (lacht)
Rudolf: Das lief jetzt natürlich nicht so ab wie wir uns das eigentlich gedacht haben..
Holger&Bernie: (lachen)
Holger: Wie habt Ihr Euch das denn gedacht?
Rudolf: Wir ham jetzt so ein paar schöne Fragen, da wollten wir auch ein paar schöne Antworten...
Holger: Na ließ doch mal die Fragen vor.
Rudolf: Also wir haben als erste Frage hier: was ist punk überhaupt?
Martin: Die ist doch schon so irgendwie beantwortet, mein ich...
Holger: Weiß Gott, da kannst Du auch was erzählen, so hier punk in Hannover und punk in England, oder wie es angefangen hat.
Martin: Es gibt da die unterschiedlichsten Interpretationen...
Holger: In England wars ja halt wirklich teilweise so ne sache von der Arbeiterklasse, also von der Jugend so...
Bernie: Punk? Von denen?
Holger: Ja. Entstanden... es ist natürlich auch in London total gemischt wie hier auch, einmal so die untere Arbeiterklasse, die ganzen kids die sich da ausgepogot ham und das noch immer machen, die triffst Du in einem Schuppen in London und im anderen triffst Du dann mehr so die Kunststudenten, wie viele Musiker halt - da besteht schon ne Verbindung, das hat sich halt alles getroffen, also da ham sich halt irgendwelche Kunststudenten gelangweilt oder andere Studenten, weil alles so beschissen war und... also die untere Arbeiterklasse die hat schon zum Teil andere Probleme, da war halt die Langeweile wohl erst das Wichtigste... fotografier ihn doch mal (zeigt auf Bernie)..
Rudolf: Kommt sofort...
ANDREAS KÜHNE: Wie kann ein Student überhaupt zu nem Punk werden?
Holger: Ja für mich - ich weiß ja nicht, was Du unter punk verstehst, was ein punk ist - aber für mich ist das halt auch ne Lebenseinstellung, wie ich mit den Leuten umgehe, wie ich mich verhalte, was ich machen möchte, und das wichtigste ist halt das man da was rauspowern kann, was sonst immer nur so tausendmal hin und her überlegt und gezögert und dann diese ganzen Nervereien und Nervgespräche, die Du überall mitkriegst und Du so das Gefühl hast Du kannst nichts mehr machen, und das ist einfach für mich das wichtigste, daß ich wieder was machen kann, auch wieder Interessen habe.
Rudolf: Was meinst Du bezwecken so diese Punks, die nun in voller Kriegsbemalung mit Sicherheitsnadeln und gefärbten Haaren und so rumlaufen?
Bernie: (lacht)
Holger: Da hab ich neulich nen gutes Interview gemacht mit Katapult, Katapult hat einfach dazu gesagt
Rudolf: Die in Badenstedt?
Holger: Die ham einfach dazu gesagt, also sie haben das nicht nötig, indem sie so sind wie sie sind schocken sie schon die Leute...
Bernie: Ja das denk ich mir auch (lacht)
Holger: Außer wenn Du selber Bürger bist, dann mußt Du Dir schon was einfallen lassen, also die haben auch keine Sicherheitsnadeln durchgezogen und keine bunten Haare, das sind halt Anarchofreaks aus Kreuzberg und durch ihr Auftreten schocken die schon, das stimmt einfach, in Hannover da ist das schon anders, also wenn Du Dir Rotzkotz ankuckst, die machen sich nen bißchen fein für den Auftritt, oder kuck mich an, wenn ich mal weggeh dann zieh ich mich auch etwas anders an und... das ist dann schon - weiß nicht direkt aber irgendwie - so ne Mittelstandsgeschichte... klar es sind auch diese alten Begriff hier wie Arbeiterklasse und so, die stinken mir auch weil die nicht mehr so zutreffen, aber... also Unterschiede sehe ich da schon. Das ist für Studenten oder Intellektuelle oder Schüler, die immer brav zur Schule gehen oder so, schon wichtig was zu machen, da mal auszubrechen, auch wenn das manchmal ein bißchen lächerlich wirkt denn es ist ja nicht immer nur show, also ich finds auch gut wenn Typen sich begeistern können, sich verrückt anziehen, gut das mag auch modebeeinflußt sein oder mag auch überspitzt sein und beschissen sein und nicht das ausdrücken wie sie wirklich sind aber irgendwas verbinden sie damit
Bernie: Hast Du das schon mal erzählt?
Holger: Ne eigentlich nicht. He erzähl denen mal was über die Verbindung zum Dadaismus
Bernie: Da kenn ich mich nicht so aus, ich kenne keine Theorien. Ich lese jedes Jahr knapp ein Buch, und... bei punk ist das das gleiche wie... der punk ist an sich ne Revolution mit sich selber, sonst nichts... stellt mir doch mal ein paar Fragen...
Rudolf: Wie siehst Du die Zukunft von Punk überhaupt auch in Bezug auf Kommerzialisierung?
Bernie: Das ist kommerziell. Na am Anfang ist es immer so daß die Bewegung... irgendwelche Leute, die dazu Lust haben auszusteigen aus dem Konsum und selber was
machen wollen. ihre eigene Kreativität freisetzen und punk eben mittlerweile... bei Rock’n’Roll ist das anders, die Grenzen oder die Mauern gehen da weiter und sind eben brutaler. Die englischen Punks sind da ausgeflippt weil die Konsumgesellschaft irgendwie
fortgeschrittener ist oder so... jetzt hab ich die Frage wieder fastvergessen...
Rudolf: Die Frage war: hat punk Zukunft?
Bernie: Zukunft... es ist ja schon kommerzialisiert an sich
Rudolf: Meinst Du daß einer überhaupt noch Punk sein kann, wenn die ganze Sache schon kommerzialisert ist?
Bernie: Ich seh die Zukunft irgendwie bei Sachen in denen man alles verwendet... wenn man das macht wozu man selber Lust hat, da sich... das ist auch punk an sich im Ursprung. Wenn Du punk als Revolution irgendwie siehst, ja sicher, jeder hat da eine Zukunft, aber jede Sache wird irgendwie auf gefangen von der Gesellschaft oder so... sobald sie irgendwie ne Massensache wird... ja Zukunft, hat punk ne Zukunft?
Holger: Ja, ich hab ne Zukunft.
Bernie: Ich hab auch ne Zukunft (lacht) ich bin, äh... ich wäre dagegen, weißt Du... versuchs mal...
Holger: Ja, es ist schwierig, also auf solche Scheißfragen kann man nicht viel antworten, ne (lacht)
Rudolf: Ja, wenn Du unsere Fragen scheiße
Holger: Nein, die Fragen sind einfach so, da kannst Du alles und nichts zu sagen, was ist punk, und dann müßte man erstmal so unheimlich viel erzählen, das bringts halt auch nicht immer gleich so die ganze Geschichte dann kennst Du das, hast das schon so oft erzählt, also ich finde die Fragen müßten konkreter sein, mir fallen da jetzt immer nur so Bruchstücke ein wie hier punk und dada oder so...
Rudolf: Ja, auch die können wir gut verwerten.
Holger: ...wo es da unheimlich viel Parallelen gab, und wo ich dann da, also nicht direkt über punk, halt die hier vom dadhannova kennengelernt hab, Emil und Bernie, und das also zB. In den ganzen Fanzines, da siehst Du dann so Parallelen, also das Layout ist sehr dadaistisch, wie 1920 oder so, und dada hat dadurch, auch durch punk, irgendwie ne renaiscance erfahren. Bruno erklärt das zB. anders - ich weiß nicht ob Ihr Bruno kennt, den müßt Ihr mal kennenlernen (lacht) das ist so ein Typ, der hat grad die green box von marcel duchamp übersetzt, das ist so ein Zettelkasten zu so nem Glasbild, wie heißt denn dieses Bild nochmal?
Martin: Das große Fenster?
Holger: Das große Glas, genau, dazu gibts also irgendwie so tausend. Zettel, die übersetzt er gerade und hält immer Vorträge darüber – also Bruno erklärt sich die Renaiscance von Marcel Duchamp jetzt damit, daß alle wichtigen Bewegungen alle 80 Jahre wiederkehren, das war halt 1978 und 1918, würd ich schon mit punk vergleichen, der Wirbel der so in der Presse ist und in den Köpfen der Leute mit dem Wirbel der also so 1918/20 um dada rum war.
Bernie: Dann gehts ja bald wieder los.
Holger: Tja, bloß womit?
Bernie: Mit der Scheiße (lacht) ...kommt auch aus nichts...
Holger: Im Grunde genommen gibts da auch unheimlich viele Parallelen, vor 60 Jahren und jetzt, daß damals die Sachen auch vermarktet wurden, keiner so recht wußte was es ist, viel drüber geschrieben wurde, und irgendwie 50 Jahre später, da wurden dann die ersten guten Sachen über dada geschrieben.
Rudolf: Dann müssen wir noch 50 Jahre warten...
Holger: Und heute wird dada auch verstanden, so ungefähr...
Bernie: Das kannst Du ja gesellschaftlich sehen, das in einer bestimmten Situation von wirtschaftlicher Freiheit sowas auch wiederum auftritt oder so... dann käme ja bald wieder faschismus oder so... ja... (lacht)
Holger: Das ist ja auch nicht schlimmer, gut ich meine genau die Situation, daß damals diese dada-Leute also unheimlich gelangweilt waren und die Zeit... das kannst Du nun wirtschaftlich sehen, da gibts Parallelen zwischen damals und heute, und dann politisch ist das ähnlich und... naja, kulturell schlägt sich das dann nieder, daß dann so ein Eindruck von Langeweile entsteht und dagegen nun als Revolte oder als Protest oder als Ausdruck dieser Langeweile dann also dada beziehungsweise punk entstanden ist... der natürlich auch gleich wieder vermarktet wurde, das kennen wir ja und so...
Rudolf: Ich seh das auch ziemlich ähnlich...
Bernie: Das ist ne Lebenseinstellung...
Holger: Ja.
Bernie: Das ist ne Art zu leben, also wenn Du‘s konsequent machst, wenn Du‘s nicht konsumierst, wenn Du Deinen eigenen Weg gehst... ich bin ein Punk, ich bin das, ich bin sonst was... Straßenmusiker und so weiter...
Martin.: Gibts eigentlich Parallelen zwischen punk und Rock‘n‘Roll?
Holger: Punk ist Rock‘ntRoll, aber nicht nur... ich meine punk-Musik, das ist Rock‘n‘Roll, bloß zeitgemäßer, also Rock‘n‘Rohl von heute, die Zeit ist schnell-lebiger geworden und wenn Du Dir die ganzen Veränderungen ankuckst in den letzten Jahren, da kannst Du heute nicht mehr 50er Jahre Rock‘n‘Roll, der entsteht heute einfach nicht mehr, das ist ne andere Zeit, und die 60er Jahre sind auch vorbei, punk als Musik ist halt ein Ausdruck der 70er Jahre, Rock‘n‘Roll der 70er, nicht mehr und nicht weniger, manchmal ist es auch mehr, manchmal denkst Du es ist mehr und manchmal denkst Du es ist halt auch wirklich nicht mehr, jedenfalls ist punk für mich nicht nur .......
Rudolf: Wie berichten eigentlich die Medien so vom punk?
Holger: Welche denn?
Martin: Sagen wir mal, so die bürgerlichen, also Stern oder Spiegel.
Holger: Erzähl doch mal, was hier die Medien so über punk berichten.
MATTUS: Die Medien über punk berichten? Das kann man schlecht sagen, eigentlich wenig und wenn, dann falsch.
Holger: (lacht) Schön...
Mattus: Eine Zeitung, die ist No Fun...
Martin: Gibt es eigentlich irgendwelche Motive in den Medien, die immer wiederzu auftauchen, irgendwelche Vorurteile oder Assoziationen mit punk?
Mattus: Ja, lauter Vorurteile und Mißverständnisse...
Martin: Inwiefern? Oder wie äußern die sich?
Mattus: Wie äußern, die sich?
Martin: Oder was sind das für Vorurteile?
Holger: Ich würd nicht sagen, daß das Vorurteile sind, ich glaub einfach das ist gezielt, also einerseits kapieren sie natürlich nicht, was punk ist...
Bernie: Doch, glaub ich schon.
Holger: Und denken das ist, aber nehmen das nur als Bürgerschreck wahr, was es ja auch irgendwie ist, aber auch selbst die linken. Zeitungen blicken da nicht durch und das verwundert mich ja am meisten, also die müßten ja grad mit ihrer Theoriebildung damit was anfangen können, wenn sie da über dada arbeiten schrei...
Mattus: Aber wieso denn grad die Linken?
Holger: Ja wenn sie über dada oder Situationismus Examensarbeiten schreiben und sich damit befassen, dann müssen sie irgendwie auch mal das verstehen. Das zeigt natürlich, daß es nur durch den Kopf geht, ist mir auch klar, okay, aber zu den Vorurteilen: daß es keine Vorurteile sind zeigt also dieser Sid-Vicious-Artikel im Stern, soll ich da jetzt was drüber erzählen?
Martin: Also ich hab den mal durchgelesen... also ich weiß nicht mehr ganz so genau...
Bernie: Da mußt Du es doch erzählen (lacht).
Holger: Da hab ich halt den Eindruck, daß es nicht nur ein Mißverständnis ist, weil sie es halt nicht kapieren was punk ist, und sich was komisches drunter vorstellen sondern daß sie also direkt Angst haben, Angst weil sie selber unsicher sind und pipapo und... ja, Angst vor Veränderung.
Martin: So ne Hetzkampagne?
Bernie: Vielleicht auch gesellschaftlich...
Holger: Und das Sid Vicious halt von der amerikanischen Justiz so zum Exempel gegen punk-Desperados aufgebaut wurde, das wird halt zum Beispiel nicht gesehen - legst Du mal die Clash auf, Mattus?
Martin: Welche denn, die Neue oder...?
Holger: Hmhm.(soll Ja bedeuten)
Mattus: (aus dem Nebenraum) Schon wieder Clash.
Holger: Ja, ich hör nur noch Clash seit Freitag... ne, seit Sonnabend morgen...
Rudolf: Na, meinst Du daß wir noch was zum allgemeinen Teil fragen sollten?
Andreas: Na ich weiß nicht...
Bernie: Ach bloß nicht. (lacht)
Martin: Man könnte ja noch was über einzelne Gruppen fragen oder so...
Mattus: (aus dem Nebenraum) all the young punks
Rudolf: Was meinst Du mit einzelnen Gruppen jetzt?
Martin: Sex Pistols oder so was... was er darüber meint...
Rudolf: Weiß nicht, ob das viel bringt...
Holger: Nein, das sag ich auch nicht, kann man alles in No Fun lesen.
Bernie: Kannst Du in Bravo lesen. (alle lachen)
Holger: Ja, Public Image war übrigens gestern in der Internationalen Hitparade vom ndr
Martin: Ich habs gehört.
Holger: Es war auch so toll... ja, das ist die Vermarktung von punk und... der Text ist ja nun auch schon wieder anders, also... ich fürchte Ihr könnt mit dem Interview nicht viel mit anfangen...
Rudolf: Doch ich denke schon.
Martin: ...lockert...das...ist irgendwie auflockernd...
Holger: Siehst Du, ich stell Euch jetzt mal ne Frage: was habt Ihr denn für ein Interesse an punk?
Rudolf: Also ich weiß nicht...
Martin: ...ist irgendwie emotionell find ich.
Rudolf: Was?
Martin: Ich find es irgendwie emotionell.
Holger: Ja, was heißt denn das für Dich?
Martin: Ich mein, ich kann natürlich jetzt in Klischees verfallen und sagen, also da gibt es irgendwelche Gruppen wie Yes und Genesis, die machen da synthetische Musik um nur noch Geld abzusahnen und bei punk ist das eben nicht der Fall...
Bernie: (lacht)
Martin: Ich mein... also nicht immer...
Holger: Punkklischees, ne?
Martin: Ich mein, wie siehst Du das?
Holger: Du meinst, es ist für Dich ein emotionales Verhältnis, für mich ist es natürlich auch ähnlich daß es mich halt anturnt und mich anregt, das ich so Energien kriege um was zu machen, allein daß mein Körper irgendwie in Bewegung kommt, wenn ich Musik höre....
Rudolf: Halt, da muß ich auch noch was zu sagen, also ich finde zu der Musik selber, das ist so ziemlich die einzige die nicht langweilig ist, wenn ich sonst was höre langweilt mich das alles, und zu sonstigen Lebenseinstellungen, also da muß ich sagen, daß ich nicht besonders viel drüber weiß aber sehr daran interessiert bin da noch ein bißchen mehr drüber zu erfahren, das heißt ein bißchen mehr? ziemlich viel mehr zu erfahren.
Holger: Hast Du da keine Konflikte mit Deinen Eltern oder so?
Mattus: Punk macht Spaß!
Rudolf: Konflikte mit meinen Eltern hab ich nicht, ich bin da auch selber kein Mensch, der nun anstrebt mit Sicherheitsnadeln durch die Gegend zu laufen oder so, ähm und... wie meinst Du das jetzt genauer mit Konflikten mit meinen Eltern? Inwieweit?
Holger: Ich mein eben das hier in den 60er Jahren oder so war ja Rock‘n‘Roll auch so ein Ausbruch von Protest, das Leute halt gegen ihre Eltern protestiert haben, lange Haare und so, kennt man ja noch, jetzt sinds kurze Haare, ist das bei Euch nicht so? Und bei Dir?
Andreas: Meine Eltern sind da echt nicht geschockt, die sagen ach mal wieder was neuem oder so halt, nicht das aus den 60ern.. .wie damals...
Holger: Meinst Du nicht Deine Eltern würden ausflippen also wenn Du jetzt ganz kurze bunte, zerschlissene Klamotten und ne Sicherheitsnadel hier oben hättest?
Mattus: Muß man so aussehen als Punk?
Holger: (lacht) Nein, ich möchte nur wissen...
Bernie: Natürlich.
Martin: Ich mein, wieso siehst Du dann nicht so aus?
Holger: Hm?
Martin: Wieso siehst Du dann nicht so aus?
Holger: Weil ich viel zu viele Kompromisse schließe und außerdem, ich hab auch keine Lust mir ne Sicherheitsnadel durchzuziehen.
Martin: Das hab ich auch nicht.
Holger: Also das mit bunten Haaren hab ich mir schon mal überlegt, aber da fahre ich halt Taxi und das find ich so komisch...
Martin: (lacht) Verdient man da nicht ganz so viel?
Holger: Weiß nicht, ob das ein Verdienstgrund oder so... aber ständig von der Seite, ich seine wenn Du schon in der Taxe reden mußt mit den Leuten, das wird ja auch nicht bezahlt, aber wenn Du dann ständig reden mußt weil sie dich was fragen und unheimlich... für meine Alten, weil meine Alten würden auch aus dem wie nennt man das, aus dem häuschen fallen oder was?
Martin: Aus allen Wolken? -
Holger: Ja, aus allen Wolken, das mein ich, also...
Rudolf: Du hast ein Image zu verliern?
Holger: Bist wohl der adrette wohlerzogene ohn...
Bernie: Ich übrigens sowieso nicht.
Mattus: Du.
Martin: Nein.
Rudolf: Ich?
Holger: Finde ich. (im Hintergrund läuft drug stabbing turne)
Bernie: ...ist ja schon uralt das Stück hier, hab ich schon früher in London gehört...
Holger: Früher in London? Kann auch ein neues...
Mattus: Es ist so schwer was über punk zusagen, punk ist irgendwie auch schon tot.
Holger: (lacht) Jetzt kommt das...
Martin: Wieso schon tot?
Mattus: Ja, punk ist tot. Punk ist 1977 gewesen.
Holger: Unmöglich.
Mattus: 76 meinetwegen schon...
Martin: Was sind die Leute, die 1977 Punks waren, jetzt? Sind die tot oder leben die weiter?
Mattus: Ja, die leben vielleicht weiter, aber das Problem ist irgendwie, das sich noch nie, das hab ich eigentlich selten erlebt, das ne Sache so schnell kommerzialisiert wurde wie punk, also wirklich innerhalb von einen Jahr praktisch...
Martin: Äh, gibts auch Gruppen, die also nicht kommerzialisiert sind?
Mattus: Blitzkrieg.
Holger: Terrock V 3.
Martin: Ich denke, die gibts nicht mehr?
Holger: Terrock V 3 gibts noch, die sind bloß erst einmal aufgetreten.
Mattus: Oder Blitzkrieg ist auch erst einmal aufgetreten, oder wie oft?
Holger: Ja, Blitzkrieg sind auch noch nicht kommerzialisiert.
Martin: Und in England, wie ist es da?
Mattus: Nein Du, ich meine jetzt zum Beispiel so punk-Modeläden, das es die gibt, bei den Hippies hat das ein bißchen länger gedauert bis das also so in war und...
Holger: Bis die ersten Maobibeln bei Kaufhof verkauft wurden, das hat ein paar Jahre gedauert, aber die Sex Pistols kriegst Du jetzt schon im Jeansladen in Sonthofen.
Mattus: Bis FlowerPower in die Läden kam, das hat auch lang gedauert, aber mit dem punk da gabs eigentlich ziemlich schnell so schicke punk-Sachen und so zerrissene T-Shirts konnst Du Dir für teueres Geld kaufen ziemlich bald und irgendwelche Sachen mit Reißverschlissen und irgend...
Holger: Dann gibts halt jetzt auch in England zum Beispiel so Glanzdruckzeitungen, die sind jetzt ziemlich neu und so richtig schnieke aufgemacht über Mode und Musik und was weiß ich und unter anderem auch Bilder über punk-Schminke von Max Factor.
Martin: Hast Du da welche irgendwie da?
Holger: Ne, die hab ich nicht da, also das (lachen) sowas kaufe ich mir nicht, das kaufen sich so Modepunks aus Berlin, die bringen das dann mit und hier das geilste Neue aus London und so, das ist halt die letzte Werbescheiße, aber... na gut...
Martin: Wieso ist eigentlich in Berlin so viel los?
Holger: In Berlin ist überhaupt nichts los.
Bernie: Da ist ne Mauer...
Martin: Ist das irgendwie, weil das so ne Isolation ist, oder?
Holger: Ne, weiß ich nicht...Mußt Du...
Mattus: Das zieht die Leute irgendwie an, da es in Westdeutschland so langweilig ist...
Holger: Also ich hab das Gefühl in Hannover ist mehr los als in Berlin, also echt weil...
Mattus: Das kommt doch darauf an, das kann man doch nicht verallgemeinern...
Holger: In Berlin kannst Du unheimlich gut konsumieren, ich meine, was so los ist heißt für mich nicht irgendwas, aber in Berlin kannst Du wirklich alles konsumieren und wenn ich in Berlin wohnen würde wäre ich voll auf dem Konsum-Trip, und hier ist nichts los, wenn Du ein bißchen Spaß haben willst mußt Dus selber machen, also diese Spannung die ist unheimlich gut, da kommt die Mauer nicht mit...
Rudolf: Was ist überhaupt sein Hannover los?
Holger: Alles das, was wir machen.
Mattus: Ach Quatsch...
Martin: Du machst No Fun, ne?
Holger: Ja, ich mach No Fun und manchmal ein Konzert und vielleicht demnächst mal nen Film...
Mattus: Was denn für ein Film? Erzähl mal von deinem Filmprojekt.
Holger: Ich nenn ihn punk-Film... Ja, mit Emil Leimsdorf, der ist so ein Filmer aus der dada-scene... Filmemacher, also meines Erachtens ein ungeheures Talent...
Mattus: (lacht)
Holger: Der hat also einen Taxipunkfilm gedreht und der hat mir wahnsinnig gefallen...
Martin: Was war das für ein Film?
Holger: Das war ein Film über Taxifahren und dazu hat Schleim live gespielt, also auf ner Cassette aufgenommen, der Cassettenrecorder wurde dann rumgereicht durch die Sitzreihen im Kino, hat aber leider keinen Preis gekriegt bei den Filmta gen. Jedenfalls hab ich gemerkt daß Emil Leimsdorf unheimlich gut filmen kann, daß der so der geborene Filmemacher für mein Punkfilmprojekt ist; ja, und da stell ich mir halt so vor, das so Titel, Nordstadt-Niggers live (lachen)... auch mal so nen Tagesablauf zu filmen wie langweilig Hannover ist, und dann eben als Kontrast dazu Sachen die halt laufen, die nur abzufilmen ‚ obs nun ein Konzert ist oder Veranstaltungen oder weiß der Kuckuck...
Martin: Wann findet eigentlich das nächste Konzert von ner einheimischen Gruppe statt?
Holger: Das weiß ich auch nicht, die kommen ja nie zu Potte, also wenn ich was zu Rotzkotz sagen soll, kann ich eigentlich nur Schlechtes sagen, aber...
Martin: Wieso?
Holger: Ja, weil die halt also bevor die überhaupt die Möglichkeit haben kommerziell zu werden, sind sie es schon geworden und der einzige den ich noch Okay finde, das ist der Uli, weil der wirklich noch Energien hat und auch spielen möchte und dem kommts drauf an also halt aufzutreten, nicht unbedingt ne Platte zu machen oder was weiß ich. Also Platte find ich auch gar nicht mal so schlecht, aber wenn Du Rotzkotz mal fragst, ob sie irgendwo spielen wollen dann brauchen die erstmal Wochen um sich zu entscheiden und dann ist das Kohleproblem wichtig, kann ich zwar von denen auch irgendwie alles verstehen, aber irgendwie sinds halt auch Pisser geworden.
Andreas: Was ist denn mit Automats?
Holger: Mit wem?
Andreas: Automats.
Holger: Wer ist das denn? Ach Automats, ja das ist nun die Legende von Hannover, Deutschlands erste punk-Band, also als sie angefangen haben, haben sie auch Wahnsinnsfilme gedreht und... ich keim die auch nicht, ich hab die einmal ne Viertelstunde gesehen, weil das ist wirklich ne Legende, die treten immer dann auf wenn bessere Gruppen spielen; also nach ner Zeit waren sie Deutschlands erste Powerpopband, weil sie den Trend der Zeit erkannt haben und dann haben sie sich aufgelößt und zum Schluß sollen sie wie die frühen Velvet Underground geklungen haben.
Bernie: Von wem redest Du da?
Holger: Die Automats.
Mattus: Sind doch alles Gerüchte, sind doch nur Gerüchte...
Holger: Dann sind sie über die Lister Meile gelaufen und haben Schaufensterscheiben eingeworfen und überall hast Du Automats gelesen in Hannover, das liest Du jetzt noch an Zigarettenautomaten, und die haben jedenfalls die Sache wie sie über die Medien... also wie über punk in den Medien stand, das haben die voll ausgeschöpft, da sind se einfach Meister drin gewesen, alle Klischees zu erfüllen... ja, und das ist Kunst.
Martin: Was denkst Du eigentlich über Nina Hagen?
Bernie: Oh Baby!
Holger: Rangehn rangehn (lacht)... ja, ich find Nina Hagen unheimlich geil, aber nicht ihre Band... also, ich möchte gerne mal mit Nina Hagen schlafen... ansonsten find ich sie zu kommerziell...
Martin: Kein punk?
Holger: Naja punk macht die sowieso kaum, dazu ist die Begleitband zu blöde, diese triefäugigen Hanseln, die sind halt blöde berliner Hardrocker, Politrocker teilweise, die überhaupt nicht kapiert haben. Ja, und dann hab ich immer das Gefühl halt‚ dass Nina Hegen das Ganze nicht mehr unter Kontrolle hat, das ist halt ne Geschichte der Plattenfirma und da kannst Du dann auch nicht mehr mit ihr darüber reden, ne Kritik wird als Großoffensive gegen ihre Band aufgefasst, das ist ein SchwarzWeißDenken, wo ich das Gefühl hab, die hat noch nicht mal die nötigsten Informationen darüber gehabt... das kann man ja in No Fun nachlesen.
Bernie: Das ist jetzt nicht so wie Bernie’s Feitztanz.
Holger: Kenn ich gar nicht.
Bernie: Tsstsstsstss, und Du willst informiert sein? (lacht)
Holger: Ich kenn nicht alles.
Rudolf: Wie groß schätzt Du denn so die Sympathisantenszene von punk ein in Hannover?
Holger: In Hannover?
Oder allgemeiner: Bundesrepublik...
Holger: Ach in Hannover, vielleicht 100 Leute...
Rudolf: Sympathisanten?
Holger: Vielleicht 2oo, ach ich weiß ja nicht was Sympathisant heißt, also Leute die sich die Platten kaufen, da gibts inzwischen irre viele, zum Beispiel der Rainer, der hier wohnt, der hat früher nur so ne Scheiße gehört als ich hier eingezogen bin, mittlerweil leiht er sich schon die Sex Pistols und die Lurkers von mir aus, also das mit den Sex Pistols, das war halt die erste Platte, die er sich rübergeholt hat, jetzt hört er immer die Lurkers, und das wundert mich schon, und so wird das überall sein. Bis vor 2 Jahren wars noch schwierig auf ner fete Patti Smith zuspielen, mittlerweile ist es so, wenn Du auf irgendeiner Fete bist, Patti füllt die Tanzfläche, und zu den Sex Pistols können die Leute auch schon tanzen.
Martin: Pogo, oder?
Holger: Nein, kein Pogo, aber tanzen halt...
Mattus: Sich bewegen irgendwie...
Holger: Das ist irgendwie toll, früher waren halt diese versunkenen Bewegungen als wenn die Leute grad von Indientrip runtergekommen oder vielmehr noch drauf sind, und so richtig in sich versunken rumtanzten. Und heute tanzen sie aggressiver, hauen auch mehr Energien raus und tanzen sich mehr aus und das find ich halt gut. Und so setzt sich punk halt durch, ob es nun vermarktet ist oder nicht.
Mattus: Ich war gestern auf ner Fete, da haste wirklich Stücke, die hatte ich schon 1965 gehört, ham sie da immerzu gespielt, so doll und schnell und konsequent setzt sich das überhaupt nicht durch.
Holger: Bei Santana waren auch l0.000...
Martin: Warst Du da?
Holger: (lacht) Ne, was soll ich denn da...
Mattus: Ward Ihr da? (alle lachen)
Holger: 12 Jahre auf...
Martin: Ich war bei Dr. Feelgood...
Holger: Und?
Martin: Es war hart.
Holger: Wieso?
Martin: Ziemlich laut und schnell, einige ham sogar Pogo getanzt...
Holger: Och ne (lacht) also nen richtigen Pogo hab ich in Hannover auch noch nicht getanzt
Martin: Kann den überhaupt jemand tanzen?
Holger: Es ist ja ziemlich einfach, aber es macht niemand, also in Badenstedt wars ja mal ansatzweise, aber ich hab einmal in London Pogo getanzt, das werd ich nie vergessen, es war so toll... (lachen)
Mattus: Schwärmer.
Bernie: Das hab ich ihm auch gesagt eben grade...
Holger: Also über mein Privatleben erzähle ich nichts..
Rudolf: Läuft denn sowas wie in Badenstedt da nochmal ab?
Holger: Gar nichts mehr... weiß ich nicht. Also ich hätt schon Lust sowas nochmal zumachen, aber so nen Piss wie mit Rotzkotz mach ich nicht mit, daß ihnen die Tonbandaufnahne, das man da man Vertrag abschließen muß, daß die nicht weiterveröffentlicht werden, und daß sie dann erst kurz vorm Auftritt erscheinen und dann spielen und gleich wieder abhauen zum Fernsehkucken, also jedenfalls würd ich mit Rotzkotz nichts mehr machen, sind mir halt zu blöde geworden...
Mattus: Wir wollten ja mal man Laden aufmachen in Hannover
Holger: Ja.
Mattus: ...punk-Schuppen, der vielleicht so 2, 3 Tage die Woche auf hat, sonst irgendwie zu irgendwelchen Gruppen zum Üben zur Verfügung stehen soll, aber das ist schwierig. Die Schwierigkeit ist, daß wir keine Zeit, kein Geld und keinen Raum haben (lachen)...
Holger: Ja, vor allen Dingen keine Zeit, kein Geld und keinen Raum... (lachen)
Mattus: Ne wirklich, weil das wär unheimlich gut. Ich fang jetzt, wir ham da auch schon ziemlich konkrete Vorstellungen entwickelt, also von so man großen Raum in dem nämlich keine Möblierung drin ist außer ner Bar...
Holger: Es gibt nur Bierdosen und Kühlschränke.
Mattus: Es gibt nur Coca-Cola und Bierdosen.
Martin: So ne Art Wartehalle?
Holger: Nein, nicht Wartehalle, alles schön hell und vor allen Dingen hell, weil dies Scheiß-Dunkle in Discos kann ich nicht ab.
Mattus: Hell, nicht dunkel, weißes und buntes Licht, große Tanzfläche und ne Bühne und
Holger: Auf jeden Fall alles andere als ne Disco, weil Discos mag ich nicht.
Mattus: Und vernünftige Musik.
Rudolf: Was hälst Du denn von der Roten Kuh?
Bernie: Rote Kuh... hab ich bis jetzt nicht viel gehört...
Mattus: Am ersten Abend war sie gut.
Holger: Ja, am ersten Abend war sie ganz gut, ich war aber erst am zweiten drin. Da soll sie nicht mehr so gut gewesen sein. Ach, sag ich nichts drüber...
Mattus: Wie gesagt punk ist tot, obwohl Holger sagt immer, Hollow Skai sagt ‚ja immer, daß punk erst in 3 Jahren in Deutschland kommt...
Holger: Nein, nächstes Jahr kommt der punk aus Deutschland, nicht aus England oder USA. Also der Phil zum Beispiel, der kommt aus London, das ist auch so ein Straßenclown, der hat da die ganze punk-Szene mitgemacht, der meinte also dieses Schleim-Konzert in Badenstedt, da wär genau so ne Stimmung gewesen wie im Roxy in London vor 2 Jahren, und das unterstützt nur meine These, daß nächstes Jahr der punk aus Deutschland kommt. England ist total vermarktet, USA sowieso, naja, in New York, also die New Yorker-scene ist total vermarktet...
Mattus: Die könn da nicht mal Pogo tanzen.
Holger: ...obwohls da eine Gruppe gibt, die anscheinend ganz gut sein soll, die New York Niggers, aber auch nur, weil da also einer aus Hannover mitspielt (lachen), sonst wären die wohl auch nicht so gut geworden. Das ist halt nen Undergroundtip, der sich bald auflösen wird weil sie keinen Plattenvertrag kriegen, das ist mein Tip. Ja, nun in Hannover da fängts an, in Berlin gibts nur beschissenen Gruppen außer Katapult; Hannover, da gibts noch Hans-a-plast und Blitzkrieg, in Braubschweig gibt es Schleim, wer weiß was es noch alles in Hannover gibt... ja, Terrock V3 vor allen Dingen...
Mattus: Spielt ihr Musik?
Rudolf: Ne.
Martin: Nee.
Mattus: Habt Ihres nicht vor?
Rudolf: Ja, wenn ich Zeit hätte...
Martin: Wenn ich Geldhätte, würd ich mir nen Bass kaufen.
Mattus: Hab ich mir auch grad einen gekauft.
Holger: Bass!
Mattus: Punk hat mich irgendwie angeturnt, also ich hab mir jetzt jedenfalls vor ein paar Wochen nen Bass gekauft und angefangen zu spielen. Ich weiß auch nicht, eigentlich nur wegen der ganzen Musik... Da wär es doch viel geiler Musik zu machen... Weils mir zum ersten Mal richtig Spaß gemacht hat und mir so nen Kick gegeben hat...
Holger: Ich hab noch nie gesungen, selbst in der Badewanne hab ich nie gesungen, bis ich dann im Frühjahr irgenswann mal in den Keller gegangen bin und...
Mattus: In den Keller?
Holger: Ein Typ mit ner Gitarre, und dazu ham wir angefangen und irgendwas gespielt und gesungen... es war gut.
Mattus: Den Keller am Holzmarkt kennt Ihr doch auch oder? Ich versuch mich ‚jetzt selbst
Bernie: Naja, ich war sehr eingeladen reinzukommen, weil die da abbauen wollten.
Holger: Sahst Du zu blöd aus?
Bernie: Ne, garnicht mal...
Mattus: Hast Du zu laut Gitarre gespielt?
Bernie: Ich hab ne Stunde lang versucht die zu stimmen. (lachen)
Holger: Das kann ich verstehen, schafft Bernie nie.
Bernie: Das ist ein Irrtum.
Mattus: Zu hoher Anspruch... warum spielst Du nicht mit ner verstimmten Gitarre?
Bernie: Weil ich meine Musik hören will.
Martin: Wieso machst Du eigentlich No Fun? Oder warum?
Holger: Also ich hab, ich mach seit 6 Jahren ne Zeitung, das ist ganz einfach. Am 5. Januar hab ich beim Fragezeichen aufgehört, weil ich da mit den Kollektiv nicht mehr klar kam und der Linie der Zeitung und harte Auseinandersetzungen hatte und dann im April wars mal wieder so weit daß ich mal wieder was machen mußte, da hab ich ein Fanzine gemacht.
Martin: Und seitdem sind 18, äh 16 Ausgaben erschienen?
Holger: Ja, im April 8, Auflage 20 oder so, das hab ich dann für ein paar Freunde, halt Nordstadt Niggers und friends, für die hab ich das gemacht und das erschien fast jeden Tag, also 8mal im Monat...
Mattus: Eine Woche lang erschiens jeden Tag.
Holger: Kann man so sagen. Das war unheimlich gut, das ist auch das geile an Kopierern, das man da nicht die Sachen zum Drucker gibt und dann wartet man erstmal ne Woche und dann kriegt man das, sondern man legt das Blatt rein und bat gleich das Produkt draußen.
Rudolf: Zahlst Du dabei nicht unwahrscheinlich drauf?
Holger: Ja natürlich, also No Rum hat mich bisher ungefähr 400 Mark gekostet, die letzte Ausgabe hat sich grade mal selbst getragen...
Rudolf: Welche Auflage hatte die?
Holger: Die letzte hatte 110. Es ist immer so schwierig vorher Geld zu haben und das erstmal zu bezahlen und, das dann reinzukriegen, dann verschenk ich viele und dann verschick ich immer viele und... ach es geht irgendwie, ich weiß nicht wo die bleiben, aber ich möchte eigentlich auch nicht so ne Wahnsinnsauflage haben weil das ist so viel Arbeit die zusammenzulegen. Außerdem wenn man ne größere Auflage hätte müßte mans drucken lassen und das ist absolute Scheiße wenn das so lange dauert. ich kanns nie erwarten wenn ich ein paar Seiten gemacht habe das Ding schon zu kopieren.
Rudolf: Du willst das also noch weitermachen?
Holger: Ja klar, das nächste Heft wird, geil...
Rudolf: Wie ist denn das mit nen No Fun-Abo? Ich bin an den Dingern interessiert...
Holger: Ja, mußt Du 10 Mark überweißen.
Rudolf: Kann ich die Dir jetzt auch geben?
Holger: Ne überweiß, mein Konto muß aufgefüllt werden. Wenn Du es mir gibst denn geb ich es so aus; aber ich muß das mal auffüllen lassen. Es ist besser wenn Du es überweißt.
Rudolf: Na okay.
Holger: Adresse draufschreiben... ich glaub das nächste ist die beste Ausgabe die ich je gemacht habe, das sag ich zwar, jedesmal, aber stimmt wirklich...
Rudolf: Wenn soll das fertig sein?
Holger: Sobald er seinen New York-Artikel fertig hat.
Mattus: Also überhaupt nicht, den gibts noch garnicht.
Holger: Dann krieg ich noch so nen Artikel von dem Derek Charman, der diesen punk-Jubilee-Film gedreht hat, der veröffentlicht also in No Fun dann was...
Rudolf: Also unsere dummen Fragen sind wir jedenfalls schon mal durch.
Holger: Hey Christina, was ist nen Punk?
CHRISTINA: (gerade reingekommen, total außer Atem) Hä?
Holger: Was ist punk?
Christina: (außer Atem) Undefinierbar/riesengroß/weiß der Baier was noch ist...
Holger: Das ist das Unverständnis...
Christine: Was macht denn Ihr hier?
Rudolf: Wir versuchen gerade ein Interview zu stande zu kriegen und das Ganze soll... das ist eigentlich für die Schule, ein Kunstprojekt soll das sein...
Christina: Aha.(im Hintergrund läuft my way)
Martin: Was hälst Du eigentlich von Sid Vicious?
Holger: Ach, ich liebe ihn.
Mattus: Sid Vicious ist unschuldig.
Holger: Ja Sid Vicious ist wirklich, also ich meine Johnny Rotten ist ein Kunststudent gewesen, ein toller Kunststudent, aber ist halt nen Student, und Sid Vicious, das ist einfach ein Typ, das ist ein kid und die Geschichten, die über den erzählt werden die stimmen auch, der hat wirklich ne harte Jugend hinter sich genauso wie die Blitzkriegleute, der braucht sich da keine Ettiketten zulegen, ja, und dann hat er Karriere gemacht... also ich finde ihn unheimlich toll. Es gibt auch Leute die sauer auf ihn sind, weil diese Nancy immer mit ner... wie heißen diese Taschen noch mal?
Mattus: Handtaschen.
Holger: ...Handtasche rumgelaufen ist voller Dollarnoten und ein elender Junkie geworden ist, und der Dieter in New York hat ihm 6 Dollar geliehen, und dann wurde er eingelocht...
Mattus: Ne, er hat das rausgegeben fürs Konzert.
Holger: Ach rausgegeben, ich dachte hätte er ihm geliehen (lacht) naja, ist auch egal. Jedenfalls, der hat halt viel Kohle gehabt und ist damit nicht klargekommen. Also daß er Nancy umgebracht hat, das glaub ich natürlich nicht, das warm bestimmt irgendwelche Hippies... ja, Sid Vicious ist unschuldig.
Martin: Gibts eigentlich sowas wie Vorläufer von punk?
Holger: Hmm?
Martin: Gibts eigentlich sowas wie Vorläufer von punk? MC 5, Velvets...
Holger: Ne, das ist nur eines... beides punk... also, die waren der Zeit voraus, aber die Zeit ist dann doch ein bißchen anders geworden... Vorläufer, na Stooges und Velvet Underground, das ist halt auch zeitlose ....... Auf jeden Fall solltet Ihr mal an der Schule nen kleinen Aufstand anzetteln, bißchen rumspringen oder... nicht nur so Interviews machen, bringts auch nicht, braucht sich ja nicht gleich unbedingt ne Gitarre umzuschnallen, aber mal über die Straßen oder in der Schule rumlaufen und Parolen zu sprühen, oder...
Mattus: Ihr könnt auch ein Fanzine machen...
Holger: Fällt mir noch ein Vorläufer von punk ein, als ich noch zur Schule ging, da hat mal jemand die Tellkampschule unter Wasser gesetzt (lachen) das war bestimmt auch ein Vorläufer... ja, oder macht ein Fanzine oder macht also Eure Diashow, zeigt die mal irgendwo, zur Beispiel in Badenstedt, baut die mal aus...
Rudolf: Wir könn die ja mit der Zeit mal ein bißchen aufbauen, aber jetzt geht das nicht weil wir jetzt nicht so... das wird nicht soviel werden, wir ham da nicht so besonders viel, eigentlich wollten wir noch in Badenstedt Fotos machen oder so, aber das ham wir dann doch nicht...
Martin: Da war uns das Risiko zu groß...
Rudolf: Dafür könnt ich mir jetzt noch in den Arsch treten.
Martin: Wie soll man das wissen, was da alles hinkommt...
Holger: Ach mein Gott.
Mattus: So gefährlich ist Hannover auch nicht.
Holger: Also hier bei der Schädelspalter-Fete ham sich die Leute geschlagen, in Badenstedt nicht, da soll mir noch einer mal sagen punk ist gewalttätig oder so, in der Roten Kuh buffen sie sich auch dauernd, das sind aber die Buffer von der Roten Kuh und die Rocker, Scheißrocker, die den Namen eigentlich garnicht verdient haben... ja, macht mal nen Fanzine.(lacht)
Martin: Dann kriegst Du aber Konkurrenz.
Holger: Na das wär doch toll. Er macht jetzt auch eins, das heißt Funtime.
Mattus und Holger: (lachen)
Holger: Je mehr Fanzines es gibt desto besser ist es. Also ich möchte auch nicht mit mehreren Leuten No Fun machen, es reichen da halt mehrere Leute Artikel ein, ich sprech die an oder geh öfters und so... aber ich möchts halt doch insgesammt selbst machen. Wenn das jeder machen würde wär das unheimlich toll. Überhaupt mit Alternativ-Zeitungen, also... deshalb find ich auch Tageszeitung Scheiße, auch die linke Tageszeitung, es sei denn No Fun wird Tageszeitung. Ich möcht gern mal No Fun als Tageszeitung herausgeben, erste Schlagzeile wäre: Helmut Schmidt muß Bundeskanzler werden (lachen) ... vielleicht mach ich das demnächst auch mal... jetzt hab ich aber keine Lust mehr.
Rudolf: Okay.

10.6.09

Feinstrick-Unterwäsche


Leider nur ein Symbolbild, denn diese Flexidisc ist komplett durchsichtig und auch sonst ohne Informationen. Zu hören ist ein Propagandist für Unterwäsche, der seine Frau und der Freundin belauscht. Lag vermutlich in den 1960er Jahren der gekauften Wäsche bei.

(Werbeplatte für Feinstrick-Unterwäsche)
durchsichtige einseitige Flexidisc ohne Angaben, o.J.
(download)

Some kind of translation: A see-through flexidisc in German language about buying underwear.

8.6.09

Europawahl 2009 - Wahlhelfer


Wie sagte doch Monsieur Verdoux (alias Charlie Chaplin in "Der Frauenmörder von Paris") auf dem Weg zur Guillotine, als ihm ein letzter Schnaps angeboten wurde: "Man sollte alles im Leben einmal probiert haben". Und so wurde ich Wahlhelfer, zwar nicht freiwillig, aber doch ohne großen Widerstand. Ich verstehe nicht, warum sich Leute vor dieser staatsbürgerlichen Pflicht drücken, was ist schlimm daran, 3 bis 4 Stunden lang Wahlzettel an Wähler auszugeben? Auch Wahlvorstand (Wahlbenachrichtigungen in Empfang nehmen und zählen) und Schriftführer (Wähler im Wahlverzeichnis abhaken) ist nun nicht unbedingt Schwerstarbeit, wenn man für alle Notfälle noch die Telefonnummer der Verwaltung in der Hinterhand hat. Ansonsten keine besonderen Vorkommnisse, außer dass etliche offenbar erst mal alle Parteinamen auf dem Wahlzettel durchgelesen haben, jedenfalls haben sie länger als 1 Minute gebraucht, sich für eine Liste zu entscheiden. Auch kann man hören, wer den ganzen Zettel durchstreicht. Hey, einfach mal andere Gesichter sehen als immer nur die gleichen Sportschau-Moderatoren. Und für die Lindenstraße gibt es ja DVD-Recorder, nicht wahr? Zudem, Wahlzettel zählen ist auch nicht so wild, wenn 10 Leute zusammenarbeiten. Okay, Europawahl ist einfach, nur 1 Stimme pro Wähler und geringe Wahlbeteiligung, da war das Auszählen mit allen Kontrollen und Protokollen nach weniger als 1 Stunde vorbei. Die Ergebnisse, soweit mein löchriges Hirn noch mitspielt: von 926 Wahlberechtigten (ohne 90, die schon vorher Briefwahl gemacht hatten) kamen 417. Davon gaben 86 der CDU die Stimme (einschließlich ein Wahlzettel, wo die Listennummer angekreuzt war), 114 SPD, 134 Grüne, 36 FDP und 14 Linke, sowie 26 Sonstige wie Tierschutz (3)/REP (2)/Familie (1)/Volksabstimmung (1)/Frauen (3)/PBC (1)/DVU (2)/Freie Wähler (1)/RRP (2)/Rentner (3) (okay, die Zahlen habe ich jetzt von hannover.de übernommen), sowie erstaunliche 7 Stimmen für die Piratenpartei. Was übriges ein hannoverweites Phänomen ist, denn die Piratenpartei ist mit 1,21 % die sechsstärkste Partei geworden. Auch in der Region Hannover hat die PP mit 0,92% den Rang 6 gemacht, niedersachsenweit ist sie auf Platz 7 (0,8%) hinter der Tierschutzpartei gelandet und bundesweit mit 0,9% auf Rang 10 oder 11, je nachdem ob man die CSU zur CDU dazurechnet oder nicht (hier kommen nach CDU/SPD/Grüne/FDP/Linke/CSU vor der PP noch Freie Wähler, REP, Tierschutzpartei und Familienpartei). Da scheint echt Potential in dem Parteinamen zu liegen (vielleicht alles ex-APPD-Wähler?). 7 Stimmen waren übrigens ungültig, entweder kein Kreuz oder alles durchgestrichen oder "No Vote" draufgeschrieben, sowie 1 Zettel, wo der Kreis hinter der CDU so komisch markiert war, dass es wie Stimmabgabe rückgängig gemacht aussah. Apropos ungültige Stimmen: ich verstehe nicht, wie Leute, die mit Politik und Parteien unzufrieden sind, einfach nicht zur Wahl gehen. Da für die Sitzverteilung in den Parlamenten nur die gültigen Stimmen gezählt werden, heißt seine Stimme nicht abgeben einfach, dass man keinen Einfluss auf das Parlament nehmen will, also objektiv, dass man mit jedem Wahlergebnis einverstanden ist. Okay, auch die ungültigen Stimmen haben keinen Einfluss auf die Sitzverteilung, aber sie tauchen in der Statistik auf und sind zumeist nicht einfach fehlerhaft ausgefüllte Stimmzettel, sondern bewusste Protestentscheidungen gegen alle Parteien, wie ich beim Auszählen selbst gesehen habe. Also kann die Antwort für alle Protestwähler nur lauten: ungültig wählen statt nicht wählen. Und wenn plötzlich der Anteil ungültiger Stimmen bei Wahlen auf 10% und mehr steigt, dann freue ich mich schon jetzt auf die dann entstehenden politischen Diskussionen.
PS: Ganz merkwürdig, nach dem Ende des Auszählens in meinem Wahlbezirk hat mich das Ergebnis der Europawahl insgesamt irgendwie nicht mehr interessiert.

7.6.09

Eugen Kowalski Group

And now for something completely different:
Drei finster dreinblickende Jungs (ich hab´ echt keine Ahnung, warum wir auf diesen Fotos alle so grantig gucken), die sich 1995 aufgemacht hatten die (Fusion-) Welt zu erobern ...
Das grösste Problem bei allen vorhergegangenen Bands waren die Demos! Hatte man in mühevoller Kleinarbeit aus allen, mehr oder weniger katastrophalen, Livemitschnitten und Proberaumaufnahmen eine halbwegs hörbare Cassette zusammengestrickt, dann klang die auf dem Tape-Deck in der Kneipe wo man gerade einen Gig organisieren wollte so dermassen furchtbar, dass einen der Veranstalter direkt wieder nach Hause schickte.
`ne Platte müsste man haben ... dann würden die aber gucken und dann würde man endlich mal ein paar vernünftige und auch halbwegs ordentlich bezahlte Auftritte bekommen ... dachten wir zumindest...
Also ging´s um folgendes: Mit dieser tollen Truppe müssen wir unbedingt eine Platte (bzw. inzwischen "CD") produzieren.
Das haben wir dann auch getan:
1995 produzierten wir unsere erste (und leider bisher einzige) CD. Trotz aller Lobeshymnen aus der lokalen und überregionalen Presse blieb der kommerzielle Erfolg leider aus.
Robert Lünendonk / Bass
Michael Vrolichs / Drums
Andreas Kinast / guitar, guitar-synth.
Jetzt werde ich auch mal das Geheimnis um die Person auf dem Titelbild der CD lüften und ein ganz grosses Dankeschön an diejenige loswerden, die seit vielen Jahren Abende allein zu Hause verbringt und sich damit abfindet, dass ich offensichtlich leidenschaftlich viel Zeit mit Musik verbringe die (komischerweise) keiner hören will: Meine Frau Sabine !
Auch das Originalfoto (mit Werbelogo auf der Jacke) kann ich eigentlich hier mal veröffentlichen:
Die "Eugen Kowalski Group" war das bislang ausgereifteste, anspruchsvollste und kreativste Projekt an dem ich beteiligt war. Hervorgegangen aus den Resten des "Dow-Jones Quintex" beschlossen wir im Trio weiterzuarbeiten und endlich die Musik zu machen, die wir schon immer geliebt haben: Fusion-Jazz!
Was wir dabei leider nicht berücksichtigt hatten war, dass wir als Amateure hier im Begriff waren die Musik der "Oberliga" zu spielen und Gefahr liefen nur noch "Musik für Musiker" zu machen. Nach etwa einem Jahr stieg Radovan Valjak aus, da ihm die Truppe zu wenig live spielte (es gab während dieser Zeit nur einen einzigen EKG-Auftritt). Wir anderen wollten die Musik perfektionieren; die Arrangements auf den Punkt bringen und alles bis auf´s Kleinste ausarbeiten - Radovan wollte spielen! Heute verstehe ich das gut - damals ging es uns nur um Perfektion.
Bald fanden wir in Robert Lünendonk einen äusserst fähigen neuen Bassisten, der diese Ambitionen noch unterstützte und massgeblichen Einfluss darauf hatte, dass das CD-Projekt zustande kam.
Die CD ist gut geworden - trotz allem Stress im Studio (es funktionierte gar nichts !) allem Palaver drumherum (Schlagzeuger hatte familiären Stress - meine Frau Sabine war schwanger und bereits ausgezählt, so dass ich mit einem Euro-Piepser in der Tasche meine Soli einspielte), trotz allem Stress beim Abmischen (es funktionierte wieder fast gar nichts !) etc. etc.
Wenn ich mir die CD mit dem entsprechenden Abstand heute anhöre kann ich felsenfest dazu stehen: Die CD ist gut geworden ! Das liegt vor allen Dingen daran, dass wir ca. ein halbes Jahr lang nichts anderes gespielt haben als diese 8 Stücke und sie, als es darauf ankam, unter allen nur erdenklich katastrophalen Umständen immer noch perfekt spielen konnten.
Die Presse war ebenfalls angetan (s. entspr. Berichte unten), aber: Es rächte sich das, was ich eingangs beschrieben habe. Die Musik war zu kompliziert, zu anspruchsvoll - vielleicht zu perfekt ???
Ich bin froh, dass wir die CD gemacht haben - ich wäre froh, wenn KASAP, DOW JONES QUINTEX und SPACE RIDER PROD. jeweils so etwas gemacht hätten und ich würde mir wünschen, die zweite EUGEN KOWALSKI CD wäre noch erschienen.
Die "Eugen Kowalski Group" erledigte sich, weil wir einfach zu viel Zeit im Proberaum verbrachten und zu wenig live spielten. Hinzu kam der übliche Terminstress. Bedenkt man, dass man als 19-jähriger in 2 Bands gespielt hat und 3 Mal die Woche Probe war und fast immer alle da waren, dann kommt es einem schon komisch vor, dass eine 3-Mann-Band manchmal 3 Monate lang keinen einzigen gemeinsamen Probetermin (geschweige denn einen Auftritt) organisiert bekam ... aber genau so lief das.
Als dann unser Drummer nach Bremen auswanderte war bei uns die Luft raus. Wir hatten keinen Bock mehr uns jemand anderen zu suchen; die ganze Geschichte nochmal von vorne aufzuziehen um dann wieder mit einer Probe alle 6 Wochen und keinem der uns hören wollte alle zwei Jahre einen Auftritt zu machen. Also lösten wir "Eugen" zwangsläufig auf und ich hatte ersmal nix mehr zu tun.
Quelle: home.worldonline.de/home/kini/site06.htm
Stranger in the land of Isis (Kinast) / Spit (Kinast) / Woodplayers (Kinast) / Hard way to go (Lünendonk) / Krauts (Kinast) / Knifeman (Vrolichs/Kinast) / The Blue Chips (Kinast) / Lobotomic (Kinast)
Andreas Kinast – guitar/guitar-sythesizer / Robert Lünendonk – bass/electric upright / Michael Vrolichs – drums / No keyboards – no trouble!
Cover design by Eugen Kowalski Group / Cover photo by Andreas Kinast (love & thanks to Bienchen!) / Artwork by Robert Lünendonk (thanks to Barbara Wiegers)
Andreas Kinast uses Stauder guitars /All electronic components ars supported by Eric Valk (better than Bradshaw!) / "Knifeman" is dedicated to Zoltan Bokor
Robert Lünendonk uses Stauder electric upright / "Hard way to go" is dedicated to Hildegard Lünendonk
Michael Vrolichs dedicates "Knifeman" to Margret & Frank: A cut makes sense (love & thanks to U.C.)
CD – EKG – 01, Rockwerk Records, 1995
(download)

6.6.09

Europawahl 2009 - Schlussspurt

In der letzten Minute hat sich die DVU doch noch entschlossen zu plakatieren, vielleicht weil sie von dem Erfolg ihrer Freunde in den Niederlanden gehört hat, vielleicht aus Angst bei früherem Plakatieren die meisten Plakate vor dem Wahltag wieder zu verlieren. Das Plakat selbst ist eher lächerlich, denn wie soll ein muslimisches Land, dass noch nicht mal Mitglied der EU ist, das Christentum im Rest von Europa zu Fall bringen, wo doch Jesus als einer der Propheten des Islam gilt und die Strafen der Scharia für Diebstahl und Ehebruch sicher so manchen Nazi erfreuen dürfte.

Einige scheinen aber die DVU-Plakate vermisst zu haben wie dieser selbstgemachte Aufkleber auf einem SPD-Plakat zeigt.

Gleicher Urheber, aber konfusere Botschaft: will hier jemand keine Volksabstimmungen und keine Demokratie?!

Dieser Aufkleber ist allerdings offiziell. Merkwürdigerweise hat keine andere Partei solche Störer als Schlussspurt geklebt, was zeigt wie wenig wichtig sie die Europawahl nehmen und wie heuchlerisch das ganze Gerede, die Leute sollten unbedingt zur Wahl gehen, weil sie so wichtig sei, ist.

Auch die ReppenDeppen sind noch mal aus ihren braunen Löchern gekrochen, wobei mich die Parole "keine Solidaritätsbeitrag für Rüstung" doch ziemlich irritiert.

Und zu diesem Plakat ist hier schon alles gesagt worden.

Die Christliche Mitte ist auch noch aufgetaucht und hat offenbar ein Problem mit der Trennung von Kirche und Staat – da ist der Islamismus nicht mehr weit. Mich würde allerdings interessieren, welches Problem die CM mit der Partei Bibeltreuer Christen hat, sind doch ihre politischen Ziele (Politik auf Grundlage der 10 Gebote) offenbar identisch. Ist es die Ökumene?

Noch mehr Politsektenpropaganda: die Linken bekämpfen sich erfolgreich gegenseitig, um bloß nicht an die Macht zu kommen. Und was soll übrigens an 100% Spitzensteuersatz "sozial gleich" sein? "Gleich" heißt doch logisch, dass alle den gleichen Steuersatz zahlen. Andererseits: was hat "sozial" mit Logik zu tun...

4.6.09

Übersehen


Aus nicht erklärbaren Gründen neige ich dazu, längere Phasen von Nichtbloggen nachträglich aufzufüllen. Allerdings habe ich irgendwo gelesen, dass z.B. Newsbeiträge nur innerhalb der ersten 36 Stunden kommentiert werden, was bedeutet, danach interessiert sich keiner mehr dafür, egal wie wichtig/interessant die Meldung ist. Übertragen auf Blogs bedeutet das, kaum einer liest mehr als den letzten aktuellen Beitrag und wird der nicht innerhalb von sagen wir 48 Stunden kommentiert kannst Du ihn eigentlich wieder löschen. Wer stöbert schon in Blogs, es sei denn er hat ihn neu entdeckt. Deshalb hier eine Liste "übersehener", weil aus obigen Gründen rückdatierter Beiträge:
Europawahl 2009 - Kleinvieh
Europawahl 2009 - Die Linke
Europawahl 2009 - FDP
Europawahl 2009 - CDU
Geschafft!
Europawahl 2009 - In Bayern feat. the one and only Bernd posselt!
Feministische Literatur heute und gestern
Urlaub
Bürgerliche Presse
Keine Zukunft war Gestern
Europawahl 2009 - Große Plakate
Europawahl 2009 - SPD Aktualisiert!
Europawahl 2009 - Die Grünen Aktualisiert!
Nirvana - Mystery Track
Die neue Jugend?
II. Invasion
Fähnlein Fieselschweif
Trashbirds
Kleenex - Alle Studioaufnahmen
Isolierband
Deutscher Kaiser- Halli-Galli Tanzmusik
The Petticoats- s/t
Partner Der Welt/Pascal/Quick Culture, Residenz, White Christmas
Croox- 'A'
C.U.B.S. s/t
Felix Kubin- Idiotenmusik
NDW curiosities, Der Mußikant, Anlieger Frei, Andi Arroganti
Fähnlein Fieselschweif- s/t
CH BB - 1-4 (cassettes)
Alvi & The Alviettes, Die Hornissen, VK 88
Mutterfunk - s/t
New Wave from the UK & Germany (78-82)
Demnächst auch wieder etwas mehr Musik ...

2.6.09

Europawahl 2009 – Kleinvieh

Telepolis beschäftigt sich heute in einem Artikel mit der Europawahl im Internet. Mir persönlich ist dieser Aspekt des Wahlkampfes völlig egal. Die Parteien wollen etwas von mir, nämlich meine Stimme, also erwarte ich auch, dass sie mich ansprechen, anstatt mich zu zwingen sie im Internet aufzusuchen. Allerdings haben es bisher nicht alle der 32 auf dem fast 1m langen Wahlzettel vertretenen Parteien geschafft Plakate hier in Hannover zu kleben.

Wer raus aus der EU will sollte auch nicht in EU-Parlament wollen.

Wofür Eisbären alles herhalten müssen – abgesehen davon wird Familienpolitik in Berlin, nicht in Strassburg/Brüssel gemacht.

Super, Frauen können nicht lügen! Wer hätte das gedacht! Aber kann jemand, der nicht lügen kann, Politiker werden?

Wer braucht Parteien, denen die Reinheit der eigenen Lehre wichtiger ist als Teilhabe am demokratischen Entscheidungsprozeß (sonst wären die Mitglieder längst in Die Linke übergetreten)?

Noch eine sozialistische Sekte, die sich parolenmäßig nicht von Die Linke unterscheidet. Wäre ich paranoid würde ich eine Tarnorganisation des Verfassungsschutzes zum Stimmenklau bei Die Linke vermuten.

Ja, Helga Zepp-LaRouche gibt es immer noch und sie hat immer noch größenwahnsinnige Pläne, doch statt der neuen Seidenstraße ist es jetzt Afrika, dass noch nicht genug ausgeplündert ist, um den Wohlstand der Nordhalbkugel zu erhalten.

Welcher Irre hat die denn in Hannover aufgestellt?! Wenn Separatismus in Hannover, dann bitte eine Welfen- oder Braunschweig-Partei.

Wow, Esperanto als Staatssprache Europas! Spart Geld, nicht? Ach ne, kostet ja Geld wegen zusätzlichem Sprachunterricht für 500.000.000 Europäer_innen.

Entschuldigung, sind wir nicht alle Bürger Europas, auch die Finanzhaie und Bürokraten? Welche Interessen werden hier eigentlich gemeint?

Zum Selberdenken brauch ich keine Partei.

Was fehlt? 4 Rentnerparteien, Newropeans, Freie Wähler (Vorsicht, kann lokal Rechtsradikalismus enthalten), 2 Volkabstimmungsparteien (bei aller Sympathie für das Thema, aber ist das Wahlprogramm nicht ein bisschen inhaltsleer?), 4 Religionsparteien, Tierschützer, Aufbruch, ÖDP und DoofVU.