19.6.09

Interview mit Michael Polten


(aufgenommen von 3 naiven Gymnasiasten im Oktober/November 1978 vor Hans-A-Plasts Übungsraum im Keller des dadhannova, Hannover Innenstadt (Am Holzmarkt, gegenüber des Historischen Museums – in dem Haus legten sich auch die späteren 39 Clocks mit dem hannoverschen Kapitel von Otto Mühls AAO-Sekte (Aktionsanalytische Organisation) an) für ein Projekt im Rahmen eines Kunstkurses bei Burkhard Inhülsen, Bruder des Vorsitzenden des ersten Iggy Pop-Fanclubs in Deutschland)

Martin: Was hast Du mit Punk zu tun?
Michael: Fast nichts, außer der gleichen...oder dem Versuch der gleichen energievollen Musik, für mich schnelle Rockmusik zumachen, also keine Punkmusik.
Rudolf: Was verstehst Du überhaupt unter "punk"?
Michael: Unter Punk-Musik verstehe ich da so ne soziale Form von Musik-Ausdruck, die nen sozialen Ursprung hat, und der ist bei mir nicht gegeben. Also ich komme nicht aus dem Millieu, wos möglich ist derartige Aggressivität in Musik auszudrücken, sondern.. .was anderes...
Rudolf: Du meinst also, daß Punk irgendwie an ne soziale Schicht gebunden ist?
Michael: Ja.
Martin: Was hälst Du persönlich von Punk?
Michael: Ich hör ihn fast nur noch, mir macht das Spaß.
Martin: Hörst Du noch andere Musik?
Michael: Ja, was man im Augenblick so unter New Wave rechnet. Ich höre auch noch, das darf man heute kaum noch sagen, Rolling Stones sehr gern (lacht).
Rudolf: Was ist denn hier in Hannover überhaupt so los, an Punk...
Michael: Ich weiß nicht, es gibt 3‚ 4 Gruppen, die ich kenne, die bisher aufgetreten sind. Da ist irgendso als Spitze Rotzkotz, die schon sehr lange zusammenspielen, über ein Jahr und auch unheimlich viel Erfolg haben. Da ist diese Gruppe Blitzkrieg, die ich schon eher wirklich als Punkgruppe bezeichnen würde, was bei Rotzkotz auch nicht zutrifft, die machen schnelle Rockmusik für mich, mit englischen Texten..., ja, und das sind wir, die hier so seit nem viertel Jahr nen bißchen herumdoktern, und eben versuchen schnelle Rockmusik mit deutschen Texten zu machen und unsere Erfahrungen eben weiterzugeben. Aber das sind keine Punkerfahrungen, also keine Erfahrungen ausm Vorstadtmillieu wie Mühlenberg oder Garbsen, sondern so - wir wohnen in Wohngemeinschaften - und ähnlichem...
Martin: Man liest im No Fun immer wieder was von "dada", was hat des mit Punk zu tun?
Michael: Punk und. Dadaismus haben für mich nichts mit einander zu tun, nur in der Punkszene vereinigt sich die alte Ästheten-Szene, die um den alten SDS oder um den neuen SDS drum herum war, die findet sich jetzt im Punk wieder, und somit auch die Dadaisten, die einfach aus der gleichen Szene kommen, eben aus der ästhetischen Szene...
Rudolf: Meinst Du, daß Punk ne ziemlich große Zukunft hat, oder ob sich das bald wieder legen wird, auch in Bezug auf Kommerzialisierung?
Michael: Weiß nicht, mußt Du nen Punk fragen.
... ich würde mich nicht als solcher (punk) bezeichnen. Es gibt mehrere Leute, die sich inzwischen als Punks bezeichnen, die im 14. Semester Germanistik studieren, oder im 125. oder so, die sind inzwischen Punks und tragen ihre Aggressivität nach außen, und...kannste umpusten, ne...ja, und das kotzt mich an...
Rudolf: Und wer sind das?
Michael: Sehr bekannte...
... die eigentlichen Punks, die also vom Mühlenberg kommen, oder aus diesen neuen Vierteln, aus Davenstedt und so, die hängen abends ebend darum, und deshalb würd ich auch dahin gehen und versuchen mal ne Aufnahme zu machen, wenn man da nen Einstieg haben will, obwohl ich nicht sicher bin, ob sie das machen, also ob die Interviews geben.
...er (hollow) kommt, also ich weiß nicht, aus der Anarchoszene oder so hervor...weiß nicht, als punk, er ist auch nicht der eigentliche Punk, er ist auch ein Intellektueller...
Rudolf: Wieviel Punks gibt es eigentlich in Hannover, Leute die sich dazuzählen, und damit sympathisieren? Sehr wenige?
Michael: Viele...die damit sympathisieren, viele...glaub ich bestimmt...
Martin: Also viele Sympathisanten, aber wenig Punks?
Michael: Eigentliche Punks? Ich weiß nicht...ich bin keiner, da kann ich auch nicht sagen wieviel es gibt, weil ich auch nicht einordnen kann, wo denn nun genau "punk" anfängt, der Punk oder die Punks, und wos aufhört. Ich kann nur sagen ich bin keiner...für mich gehört da ne bestimmte Vergangenheit dazu. Das kommt aus England rüber, und da ham die Punks ne besondere Vergangenheit, also ne besondere soziale Situation hinter sich, die also sehr viele Leute, die sich hier als Punks bezeichnen, einfach nicht haben, das ist einfach ne Mode.
Martin: Also Punk zu sein muß man aus ner bestimmten sozialen Schicht herkommen?
Michael: Ja

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