Als ich diese LP vor kurzem entdeckte vermutete ich großartiges - und wurde nicht enttäuscht. "Hohe Ufer Konzerte" ist einen Zusammenstellung von Mitschnitten einer Musikreihe, die in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre im Historischen Museum in Hannover zumeist freie Musik präsentierte. Es fängt an mit Yukiko Sugawara und einem Auszug aus "Sonatas and Interludes" von John Cage, frühe Stücke für präpariertes Klavier, die in meinen Ohren gar nicht anstrengend, sondern fast poppig klingen. Das folgende Klavier-Stück von Irene Schweizer klingt fast wie eine Fortsetzung von Cage, zumindest für mein in dieser Musikgattung eher uninformiertes Ohr. Danach kommt ein vermutlich improvisiertes Saxophon/Schlagzeug-Duo von Evan Parker und Paul Lytton. They are specialists indeed. Die erste LP-Seite schließt sodann mit einigen Rezitationen von Kurt Schwitters-Gedichten - ich war mir nicht ganz sicher ob ich das auch posten soll, aber es ist auch etwas auf englisch dabei. Die zweite LP-Seite beginnt dann mit einer Posaune-Schlagzeug-Improvisation des Christmann-Schönenberg-Duo, von denen ist bereits im letzten Jahr etwas gepostet habe - und weil das Stück "Tanka", das noch nicht mal in dieser Christmann-Diskografie auftaucht, inzwischen bei rapidshare gelöscht wurde habe ich es hier noch mal als Bonus dazugepackt. Anders als "Tanka" werden bei "We built our time" nicht Improvisationsblocke von Posaune und Schlagzeug nebeneinander gestellt, sondern die beiden spielen mehr miteinander. Von Günter Christmann und Detlef Schönenberg gibt es übrigens bei FMP eine Duo-LP, die ich gerne mal hören würde, sowie 2 Trio-LPs (mit Rüdiger Carl, bzw. Harald Bojé). Danach folgt aber für mich die eigentliche Überraschung, der Wuppertaler (leider bereits 1999 verstorbene) Gitarrist (und Maler) Achim Knispel mit einer ganz eigenen Gitarrentechnik, nämlich den Verstärker so aufdrehen, dass bereits die Berührungen mit der Griffhand Lärm erzeugen. Was wollte er uns übrigens mit dem "mushrooms" im Titel dieses Stückes sagen, dass es etwa unter Drogeneinfluss entstand?! Auch von ihm gibt es eine Solo-LP bei FMP, die ich gerne mal hören würde, sowie 2 Duo-LPs (mit Hans Reichel, bzw. Willi Kellers). Den abschließenden Ausschnitt aus einem Sprechstück von Gunter Lege habe ich dann weggelassen, weil ohne deutsche Sprachkenntnisse eher witzlos, und weil da die LP etwas deutlich kratzt. Sehr schön ist übrigens auch das Beiblatt zur LP, wo die ganzen Stücke noch mal im Jargon der 1970er Jahre beschrieben und erklärt werden. Die Aufnahmen hat Günter Christmann gemacht und herausgegeben wurde die LP von Hannoverschen Künstlerverein, von dessen ersten Schatzmeister ich neulich das Grabmal auf dem ältesten jüdischen Friedhof in Hannover - die Nazis hatten erstaunlicherweise vergessen, ihn vor Kriegende noch platt zu machen - bewundern durfte. Hat zwar nichts mit der LP zu tun, aber schindet Worte.
Gewidmet ist dieses Posting übrigens Lucky, der mit Cut*Out wieder in die Welt der Blogger zurückgekehrt ist und offenbar in der Posting-Frequenz selbst noch Mutant Sounds übertreffen will. Viel Erfolg dabei!
Yukiko Sugawara "Sonatas and Interludes von John Cage" / Irene Schweizer "Sofort" / Evan Parker - Paul Lytton "Halt, we are specialists" / Egon Hofmann "Welt voll Irrsinn"/"Cornelia"/"Bii büll ree"/"From dark to dawn"/"Die zute Tute" / Christmann-Schönenberg-Duo "We built our time" / Achim Knispel "Mushrooms for alta ripa"
von der LP "Hohe Ufer Konzerte" / herausgegeben vom Hannoverschen Künstlerverein, vermutlich 1978
+ Christmann-Schönenberg-Duo "Tanka"
von der LP "Musik in Langenhagen" / herausgegeben vermutlich von der Stadt Langenhagen, 1976 (
Translation: These tracks are (mostly) from an album entitled "Hohe Ufer Konzerte" from around 1978, which contains free improvised music and readings of poems from Kurt Schwitters. The recordings were made in 1976 and 1977 at the Historische Museum in the center of Hannover at the river Leine. The common theory of the origin of the name "Hannover" is that it descended from the old German phrase "honovere" which roughly translates as "at the high shore" and that is the name of the street where you can find the museum. This theory has some critics, but I won't bore you with any more details. The album contains piano music by Irene Schweizer and Yukiko Sugawara who plays "Sonatas and Interludes von John Cage" which for me is some kind of avant garde easy listening. I like it. Then we have free improvised brass-percussion duets from Evan Parker - Paul Lytton and the Christmann-Schönenberg-Duo (as a bonus I've included their track "Tanka" from another album, which I have posted last year, but isn't available for download anymore). Egon Hofmann recites some poems from Kurt Schwitters, even one in English language, so I've included him too, and finally the track I like best: some noisy guitar improvisation by the late Achim Knispel. He plays the guitar only with one hand!
4 Kommentare:
Martin, vielen Dank für die nette Widmung!
Schon beim Lesen Deines Textes dachte ich mir, dass das was für mich sein könnte.
Das mit der Posting-Frequenz ändert sich jetzt, ich hör auf (oft gesagt, nie gehalten, jaja..).
Salü, Lucky
P.S.: Can you please remove my comment from your Information Overload site?
Noch mal ein Kommtar: Als 'Gegengeschenk' hab ich hier ne Platte, die ich schon seit vielen Wochen im Kopf hatte zu vö: Sticken In's "Chinese", veröffentlicht 1985 bei AufRuhr Records. Alle Infos, die ich auftreiben konnte sind im Ordner, zusammen mit Coverphotos. Dazu hab ich einen unbetitelten zehn-minütigen Sticken-In-Track von der Kassette "Ein Bunter Abend" (1984) gepackt.
Die Stimmung erinnert vage an PiL oder Pop Group, ein wenig schräger. Vielleicht passts ja in den Brotbeutel.
Gruss, Lucky
http://Sticken-In.notlong.com
strange to catch you when you're going again, lucky... :-(
i didn't note that you in the meantime opened two new blogs again.
myself have been pretty busy during the past months - you can see the reason why at
www.azud-film.net ...
all the best,
f.
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