2.6.06

Hannoversches Dreh- und Karussellorgelfestival


Ich erinnere mich an die Drehorgelfestivals in Hannover in den 70er Jahren, wo dann immer mehrere dieser Ungetüme vor dem Hauptbahnhof standen und Lärm machten. Besonders schlimm war es immer dann, wenn Beatles-Lieder und ähnliches verwurstet wurden (solche Schandtaten sind unter anderem auf den legendären "Exotic Beatles"-CDs, die vor kurzem neu aufgelegt wurden, zu finden). Fernsehmeister Schuhknecht war ein bekannter Radio- und Fernsehhändler in der List in Hannover mit großen Geschäft in der Friesenstraße, der in den 90er Jahren allerdings pleite ging gegen die Konkurrenz von SatanHansa und Co. In der 70er Jahren allerdings frönte der Inhaber noch seiner Leidenschaft für Drehorgeln und brachte mehrere LPs mit Aufnahmen verschiedener Modelle heraus. Das Cover dieser Single in orangenem Vinyl nennt 11 LPs teilweise in Geschenkausstattung und beigelegten Nachdrucken alter Kataloge, zumeist in HiFi-Kunstkopf-Stereophonie aufgenommen – gefunden habe ich aber noch keine. Diese Single mit fast 13 Minuten Spieldauer von 1977 scheint allerdings ein Werbegeschenk für seine Kunden gewesen zu sein, was die Vinylfarbe und der Begleittext vermuten lassen:

Hannoversches Dreh- und Karussellorgelfestival "Denkste denn, Du Berliner Pflanze / Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans / Puppchen, Du bist mein Augenstern / Max, Du hast das Schieben raus / Komm, Karlineken, komm / In Rixdorf ist Musike / Nimm mich mit in Dein Kämmerlein / Drunten an der Ecke steht ein Orgelmann / Ja, das haben die Mädchen so gerne / Schenk mir doch ein kleines bißchen Liebe" / "Rheinländer Potpourri nach Kernbach" (Single, Fernsehmeister Schuhknecht Serie V No.______, 1977)

Sehr verehrter Freund unseres Hauses, auf den ersten Blick scheint die Drehorgel nicht zum modernen Farbfernseher oder der hochwertigen Stereo-Anlage zu passen. Und doch ist sie - wenn auch nicht technisch, so doch historisch - der Vorläufer unserer heutigen Informationsgeräte gewesen. War es doch der Drehorgelmann mit seinen Begleitern, dem Moritatensänger, dem Jongleur, dem Märchenerzähler und dem Ausrufer, der schon vor rund 200 Jahren von Marktplatz zu Marktplatz, von Straße zu Straße, von Hof zu Hof zog und die wichtigsten Begebenheiten nach sogenannten Moritatenmelodien dahersang. Hierbei wurden die Geschehnisse oft auf sehr großen auf Leinwand gemalten Moritatentafeln verdeutlicht. Wie die große Schwester in den Kirchen zu den Königinnen unter den Musikinstrumenten zählt, so zählt auch die Drehorgel zu den Königinnen der Straßenmusikinstrumente. Mit dem reichen Tonumfang können Sie sehr gut Ihre Stereo-Anlage testen. Ich möchte mich bei Ihnen mit dieser hochwertigen Aufnahme in Hi-Fi-Kunstkopf-Stereofonietechnik für Ihr Vertrauen bedanken. Bitte empfehlen Sie mich weiter.

Für den Orgel-Interessierten:
Es handelt sich um eine Drehorgel mit Notensteuerung. Die Instrumentierung besteht aus Violinen, Cello, Pikkolo, Bourdon-Trompeten und -Posaunen. Das Instrument wurde ursprünglich von der Firma Frati in Berlin vor 90 Jahren gebaut und später von der Firma Bacigalupo in Berlin auf Notenbetrieb umgestellt. In den 50er Jahren erhielt sie dann nochmals eine Generalüberholung durch die Firma Holl in Bremen. Hierbei wurden die meisten Innenteile und Pfeifen erneuert. Die Arrangements stammen von berühmten Arrangeuren der Drehorgelkunst.
Wenn Ihnen diese Schallplatte gefällt, so können Sie gern weitere Schallplatten in unserer Schallplattenabteilung, Friesenstr. 54, erwerben.

Titelbild:
Peter Georg Schuhknecht mit einer 38er Trompetenorgel, die jahrzehntelang vom Drehorgelspieler Hermann Zaspel in Hannover gespielt wurde.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hello ich habe verkauft ein Hofbauer-Schuhknecht 26er stiftwalzenorgel.
Senior Hofbauer ist verstorben aber Hr Schuhknecht. Ich suche information über die orgel.
Jan Stockholm Schweden.