3.3.08

Les Humphries


"Zwischen den Jahren" (am 29.12.2007) lief im Dritten Fernsehprogramm des NDR eine gute Fernsehdokumentation über die Les Humphries Singers, die mich veranlasste, mal nach deren LPs Ausschau zu halten. Und tatsächlich haben die beiden Medley-Alben, die ich fand, einen guten Unterhaltungswert: "Singing Kaleidoscope" von 1971 mit Coverversionen von "Brown Sugar" und "Immigrant Song2, sowie "Sound ’73/II" mit Versionen von "20th Century Boy" und "Cum On Feel The Noize2, rockige Gitarre, fette Bläser und ein kraftvoller Chor, kein Wunder, denn das damalige Mitglied John Lawton ist ja auch ein echter Shouter.
Und jetzt am Sonntag plötzlich die Meldung, dass Humphries bereits am 2. Weihnachtstag (am 26.12.2007) in einem Krankenhaus in England gestorben ist. Und sein Sohn (aus der 1976 geschiedenen Ehe mit Dunja Reiter) hat es erst jetzt nach über 2 Monaten von seinem Halbbruder, der auch seit 22 Jahren keinen Kontakt zum Vater hatte, erfahren?!
Bekanntermaßen war ja Humphries 1976 Hals über Kopf aus Deutschland vor der Steuerfahndung geflohen, denn schon damals hat er sein Geld nach Liechtenstein verschoben. Inwieweit die Behauptung von BILD AM SONNTAG, Humphries habe in einem Telefonat noch am 6. September 2007 gesagt, er wolle die Deutschen Steuerbehörden verklagen, stimmt, wage ich zu bezweifeln. BamS behauptet ja auch, Les sei 1976 nach einem Kurzurlaub bei seiner Mutter in England geblieben – in dem Film von Andreas Fischer aber klingt das ganz anders. Laut dpa fühlte sich Humphries von seinen damaligen Beratern betrogen. Warum er allerdings in den 30 Jahren seit seiner Flucht nichts unternahm – außer 1998 eine Falschmeldung von seinem angeblichen Zwillingsbruder über seinen Tod zu verbreiten, auf die sogar sein ehemaliger Chorsänger Jürgen Drews hereinfiel - ist merkwürdig. Und so schlecht scheint es ihm in England auch nicht gegangen zu sein, trotz Pfändung seiner Tantiemen und GEMA-Einnahmen durch das Finanzamt reichte das Geld für den regelmäßigen Pub-Besuch. Und auf Oldies-Tour wie andere Altrocker ist er auch nie gegangen. Da ist der Tod vom Chor-Mitglied Jimmy Bilsbury, Mitautor zahlreicher Humphries.Songs und doch am Ende ohne Geld in einem Männerwohnheim gestrandet, tragischer.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

holla, weil du jürgen drews erwähnst...
ein freund von mir hat eine grottige LP von drews mit seiner Band "Cannibal Comics", wenn ich mich recht erinnere war das album cover mit einer halbnackten frau und den "gruslig" weissangemalten musikern (einer mit schnauzer!! wie king diamond :-)) - kennst du die platte? ich kann mich jetzt leider nicht an die musik erinnern (psychedelischer 70iger schlager? :)), aber das würde gut hierher passen :-)

viele grüße
marcus

martinf hat gesagt…

Danke für den Hinweis, allerdings gibt das Internet zu "Cannibal Comics" nichts her, außer dieser Seite der Grevener Zeitung, die aber sicher bald verschwunden sein wird, weshalb ich den Text hier mal dokumentiere:

Jürgen Drews erinnert sich an Les Humphries: Strenges Genie
am 3. März 2008 18:35 Uhr

DÜLMEN - Das erste, was Jürgen Drews von Les Humphries sah, war ein Klappmesser in dessen Hand. Der heutige „König von Mallorca“ war gerade mit seinen „Cannibal Comics“ im Star Palast Kiel aufgetreten, vor Les Humphries‘ damaliger Band „Summerset“.

Nach dem Konzert hatte Drews sich erdreistet, die Lautstärke von Humphries' Orgelspiel zu kritisieren. „You fucking Nazi don't tell me anything“, entgegnete der rüde. Wenig später meldete er sich bei Drews – und lud ihn zu seiner Überraschung zum gemeinsamen Musizieren ein.

Erfolge in den 70ern

So begann Ende der 60er Jahre die gemeinsame Karriere des späteren Schlagerstars und der Ikone der Hippie-Musik. Bei einem Hausbesuch plauderte der Dülmener Drews gestern aus dem Nähkästchen über den Engländer, der, wie erst jetzt bekannt wurde, im Dezember in Südengland gestorben ist.

Bunt zusammengewürfelte Truppe

Mit den bunt zusammengewürfelten „Les Humphries Singers“ feierten die beiden in den 70er Jahren weltweit Erfolge. „Eigentlich hatte er mich nur gebeten, ihn beim Nachspielen bekannter Hits zu helfen“, erinnert sich Drews. Bei einer anschließenden Jam-Session entstanden dann einige Gospel-Songs. Eines dieser Lieder, „Rock my Soul in the Bosom of Abraham“, stürmte überraschend die niederländischen Charts. Nun musste zum plötzlichen Erfolg schnell eine Musikgruppe her: Die „Les Humphries Singers“ waren geboren.

Sex, Drugs and Rock'n'Roll

Doch was auf der Bühne nach Love, Peace and Unity aussah, sei in Wirklichkeit Sex, Drugs and Rock'n'Roll gewesen: „Da ging einiges ab. Gegen uns waren die Beatles ja nur nette Jungs“, sagt Drews. Er selbst sei noch der Spießigste gewesen. Außer der gelegentlichen Haschpfeife habe er die Finger von den Drogen gelassen.

Wer nun aber glaubt, die Band sei ein wilder Hippie-Haufen gewesen, täuscht sich. „Da war militärischer Zug drin. Humphries war zuvor Sergeant der Marine und das merkte man. Wenn einer aus der Reihe fiel, flogen auch mal die Fäuste.“ Auch dass alle auf der Bühne unterschiedliche Kleidung trugen, sei direkte Order gewesen.

Zwischendurch Chopin

Musikalisch sei Humphries genial gewesen. Wenn ihm danach war, habe er plötzlich mitten im Konzert einfach Chopin gespielt. „Das mussten wir dann können“, sagt Drews lachend.

Drews bezeichnet seine Gefühle zum Tod des ehemaligen Weggefährten als „seltsam“. „Ich hab das vor zehn Jahren ja schon mal durchgemacht“. Da hatte der Exzentriker Humphries einen Interviewwunsch am Telefon mit den Worten abgeschmettert: „Les Humphries ist tot, ich bin sein Zwillingsbruder.“ Die Falschmeldung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Drews hatte bereits einen Nachruf geschrieben, als der Schwindel aufflog. Doch diesmal war es leider wahr.

http://www.grevenerzeitung.de/nachrichten/nrw/art1757,199957

Bloody Holly hat gesagt…

Älterer Post von mir
Apocalypse (aka Die Anderen) - Kannibal Komix

"psychedelischer 70iger schlager?" -
eher irgendwo zwischen Small Faces und Spooky Tooth und durchaus anhörbar...und Herr Drews ist eigentlich nur zu erkennen, wenn man weiss, dass ers ist...

martinf hat gesagt…

Danke für die Links. Offenbar hat also das Hirn von Herrn Drews einige Löcher, oder der/die/das Schreiberling von der Grevener Zeitung hat die Hälfte falsch verstanden :)

Any middle-aged German Witch in Amerika hat gesagt…

Hallo, vielen dank fuer die Infos, Links und Beitraege. Bumkuncha ht ja schon ihren/seinen Link hinterlassen (unbedingt hingehen und lesen, lohnt sich!!!), wo man dann auch das Album finden kann.

Hier noch 'mal ein Direktlink:

http://rapidshare.com/files/120523600/Kannibal_Komix-1970_Lp.zip.html

Und hier das andere Album (ja es gab zwei):

http://rapidshare.com/files/168154437/Apocalypse.zip

Das ist nicht von mir, ich habe es auch nur gefunden, und zwar hier:

http://orexisofdeath.blogspot.com

Was mich persoenlich am meisten ueberrascht hat: Moroder hat diese Alben produziert, zu einer Zeit, als er wohl noch Hans-Joerg hiess...