29.8.16

Hirnkost goes ...

Heute kam eine E-Mail vom Hirnkost-Verlag, vormals der Verlag des Archivs der Jugendkulturen, mit der Ankündigung eines Titels des mir bisher nicht bekannten österreichischen Jugendforschers Bernhard Heinzlmaier "Anpassen, Mitmachen, Abkassieren. Wie dekadente Eliten unsere Gesellschaft ruinieren". Klingt nicht sehr nach Jugendkulturforschung, oder? "Die Politik ist dabei, zu verschwinden. Übrig bleibt eine Ansammlung von handlungsunfähigen hohlen Gefäßen, genannt Parteien, deren Äußeres zwar adrett aussieht, deren Innenleben aber verrottet ist. Waren früher die Parteien Träger von Ideen, Idealen und Weltanschauungen, sind sie heute genauso opportunistisch wie ein Softdrink-Konzern. Wie die schlimmsten Produkte der Kulturindustrie schmiegt die Politik sich gurrend und schnurrend an die ästhetischen Bedürfnisse des Durchschnittsmenschen an und umgarnt sein Ego mit Treue-, Nutzen- und Sympathieversprechen, von denen sie schon weiß, dass sie sie nicht halten wird. So wie die BesucherInnen eines Helene-Fischer-Konzerts am Ende mit einem Packen Illusionen in ihren freudlosen Alltag zurückgeschickt werden, erwachen die WählerInnen, wenn ihr von der manipulativen Überzeugungskommunikation hervorgerufener Gesinnungsrausch ausgeschlafen ist, mit Kopfschmerzen und leeren Händen dort, wo sie sich immer schon befanden, außerhalb des Interesses der herrschenden politischen Elite." wird der Autor zitiert, versehen mit dem Hinweis, daß der Autor "aber auch den religiösen Totalitarismus und die neuen rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien  in der gewohnten Schärfe" analysiere. Der Hirnkost-Verlag von Klaus Farin, Gründer des Archivs der Jugendkulturen, jetzt aber nur noch einfaches Vereinsmitglied, vertreibt u.a. Farins Werke über die Böhsen Onkelz und Frei.Wild, sowie Bücher von Hollow Skai ("Punk. Versuch der künstlerischen Realisierung einer neuen Lebenshaltung") und Klaus N. Frick ("Vielen Dank, Peter Pank"), was eine gewisse inhaltliche Bandbreite belegt. Trotzdem erzeugt die Ankündigung von Heinzlmaiers Buch das merkwürdige Gefühl, dass hier auf eine mögliche rechtspopulistische Leserschar geschielt wird. 20 Empfelungen für ein Buch, dass erst in einer Woche erscheint, sowie der Jubel auf Facebook: "12 Interviews sind bereits vereinbart und wir hatten noch nie so viele Rezensionsanfragen" deuten darauf hin, dass nicht nur ich die Ankündigung als einen Bruch mit der bisherigen Verlagslinie empfinde. An Heinzlmaiers Kritik an der Jugend (hier und hier - Kritik dazu gibt es dort) mag vielleicht einiges stimmen (allerdings, ist das noch JugendkulturFORSCHUNG?), aber muß diese Kritik in der Form rechtspopulistischen Gedöns daherkommen? Oder ist der Unterschied zum Alt-68er-Besserwissertum kleiner als wir das uns wünschen? Auf "gegen Amerika/Kapitalismus" können sie sich jedenfalls einigen. Demnächst auch im Vertrieb von Kopp?

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