24.8.06

Gerd Knesel


Erinnert sich noch jemand an das legendäre "ZDF-Magazin" mit Gerhard Löwenthal, der immer stramm auf CDU-Kurs gegen die sogenannte Ostzone wetterte und es nicht lassen konnte während der Moderationspausen Zigarre zu rauchen, so dass ab und zu mal Rauch durch das Fernsehbild zog? Gerhard Löwenthal war für mich immer der Zwillingsbruder zu Karl-Eduard von Schnitzler vom "Schwarzen Kanal" im DDR-Fernsehen, politisch das absolute Gegenteil, aber im in politischen Fanatismus absolut ebenbürtig. Und beide waren Meister in der Manipulation von Fernsehbildern. Während ich aber Schnitzler nie ernst genommen habe, vielmehr er lustige Unterhaltung war, weil seine Argumentationen so vorhersehbar waren, aber immer wieder bewundernswert war, wie er aus den Sendungen von ARD und ZDF passende Bilder für seine Agitation fand, habe ich Löwenthal eher vermieden, weil es so schmerzhaft ist, wenn die falschen Leute die richtigen Fragen stellen.


Ende der 70er Jahre, die Zeit der Liedermacher war bereits im abklingen, präsentierte Löwenthal im "ZDF-Magazin" seinen eigenen CDU-Liedermacher: Gerd Knesel. Sah aus wie ein Juso, klang aber wie dumpfe CDU-Polemik ("Sie knüpfen für uns die Schlingen") und hatte aber auch so gar nichts von der rhetorischen Brillanz seiner linken Gegenspieler wie z.B. Franz Josef Degenhardt. Er hat sich allerdings auch die Texte von den entsprechenden Leuten schreiben lassen wie Hubertus Scheurer und den CDU-Bundestagsabgeordneten Herbert Lattmann. Es gibt eine zweite LP auf RCA, die tatsächlich den unglaublichen Tirel "Lieder gegen links" hat. Eine weitere LP von 1980 hat den Titel "Wahrhafte Bosheiten", dann gibt es noch eine LP namens "Knesel's Nr.5" auf Contrast, was vermuten lässt, dass er noch 1 weitere LP veröffentlicht hat. Merkwürdigerweise gibt es auch noch eine Single auf dem hannoverschen Label LP-Ton der Buchhandlung Leuenhagen & Paris, was vielleicht daran liegt, dass Leuenhagen & Paris auch 2 Bücher von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Lattmann veröffentlicht hat: "Bürokratismus" (1979) und "Am Anfang war ein Akt: köstliche Unglaublichkeiten aus aller Herren Ämter" (1986).
Hier ein Beispiel für die rhetorische Brillanz von Gerd Knesel, achtet besonders auf das Wortspiel "Linksanwalt - Rechtsanwalt", was dem Wort "Rechtsanwalt" unfreiwillig eine neue Bedeutung gibt, nämlich "der steht auf der Seite der Rechten". Tatsache ist: Juristen wählen überdurchschnittlich oft CDU und FPD. Auch ein Songtitel wie "Sie knüpfen für uns die Schlingen" spricht für eine paranoide rechte Weltsicht.

"Das geht uns alle an. Bedenkliches im Visier"
"Rotkehlchen" / "Der Bürger und der Bürokrat" / "So mancher nennt sicht Anwalt" / "Hacke-Hacke-Hackethal" / "Sie knüpfen für uns die Schlingen" / "Die Schuld hat das System" // "Die meinen das nicht so" / "Die Saga von der neuen Heimat" / "Die jungen Sozialisten" / "Was ist mit dem Deutschland drüben?" / "Wenn die Roten grünen" / "Du sagst der andere"
Texte Hubertus Scheurer, Gesang, Komposition, Arrangement, Produktionsleitung Gerd Knesel
LP, RCA PL 28367, 1979

Gerd Knesel "So mancher nennt sicht Anwalt" (download)

Summary: During the 1970's in Germany the so-called "Liedermacher" were very popular. They were Singer/Songwriters who performed just accompanied with an acoustic guitar, had long hair and where somehow rooted in left-wing youth culture. This of course annoyed a lot of parents and right-wing politicians, so Gerd Knesel was created, a right-wing "Liedermacher". Luckily he probably came a quarter of a century too early, maybe today he would have some success with Nazis and Skinheads in Germany. But in 1979 he was ignored by nearly everyone.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Huch!
Hochinteressant!!

Anonym hat gesagt…

Ich habe Gerd persönlich kennengelernt. Er war ein Supertyp, ein echter Kumpel. Und seine politische Weltnnschauung rührte aus seiner Sorge um die Zukunft unseres Landes!
Zu Degenhardt, Wader usw. musste es einfach ein Gegengewicht geben!
Leider ist er schwer krank ziemlich früh gestorben.

martinf hat gesagt…

Als ob Degenhardt und Wader sich nicht um die Zukunft von Deutschland gesorgt hätten, insbesondere waren sie in Sorge um die fortdauernden Machenschaften alter Nazis und kalter Krieger. Oder ist Deutschland für dich nur als Fortsetzung von Kaiserreich und Hindenburg denkbar? Abgesehen davon: zwar kenne ich nur das Frühwerk von Degenhardt, aber gegen dessen Sprachbeherrschung können die Texte von Hubertus Scheurer nur abstinken, sind banale CDU-Parteitags-Lyrik.

Anonym hat gesagt…

Das Stück "Die junge Frau von nebenan" hat mir sehr gut gefallen. Kannst Du diese LP nochmal hochladen?

HN

martinf hat gesagt…

Och nee, die ganze LP hatte ich sowieso nie gerippt... wenn ich nur einzelne Stücke einer LP rippe, dann hat das schon seinen Sinn und dann bitte nicht nach der ganzen LP fragen...

Anonym hat gesagt…

Schade. Trotzdem vielen Dank für Deine Sharings! HN